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[46901]

Date: April 20, 2008 at 20:03:17
From:
Russerati, [91.67.135.46]
Subject: Verdichtungsverhältnis

Hallo zusammen,

ich habe mal eine technische Grundsatzfrage. Noch vor 15 Jahren hatten Dieselmotoren (damals allerdings noch in Wirbelkammer-Technik) ein Verdichtungsverhältnis von bis zu 23,5:1 - während sie heute teilweise unter 16:1 liegen. Wieso geht man mit der Verdichtung immer mehr nach unten?

Früher sagte man, dass das hohe Verdichtungsverhältnis eines Dieselmotors einer der Gründe für einen Verbrauchsvorteil gegenüber einem Ottomotor wäre. Dadurch könnten die heißen Verbrennungsgase mehr Entspannungsarbeit sinnvoll als mechanische Arbeit leisten. Nun werden trotz sinkender Verdichtung die Motoren aber immer sparsamer. Ein scheinbarer Widerspruch? Kann mich hier jemand erleuchten?

BTW: Wo liegen heutige Motoren eigentlich mit ihrem spezifischen Verbrauch im Bestpunkt? Mir sind noch die 195 g/kWh eines VW 4-Zylinder-TDI aus der Anfangszeit (90 o. 110 PS) erinnerlich.

Heißen Dank schon mal!

Nagelnde Grüße,
Russerati

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[46915]

Date: April 21, 2008 at 13:42:30
From: Werner, [p508861a7.dip.t-dialin.net]
Subject: Mein Lieblingthema

Moin,

jetzt laufe ich wieder zu richtiger Form auf.

Du mußt erstmal wissen, welches Verdichtungsverhältnis überhaupt angegeben ist. Das sog. konstruktive Verdichtungsverhältnis bestimt den Anteil des Brennraumes an dem Gesamtanteil des Zylinders incl. Brennraum, wenn der Kolben ganz unten ist. Dieses Verhältnis ist am einfachsten anzugeben und wird in fast allen Fällen verwendet.

Für die Verbrennung und den Wirkungsgrad ist wichtig, wie stark denn die effektive Verdichtung nun wirklich ist. Diese bezeichnet das Verhältnis Brennraum zu Zylinderinhalt plus Brennraum, wenn das letzte Ventil gerade geschlossen hat. DANN STEHT DER KOLBEN ABER NICHT UNTEN!

Wenn man nun eine Langsamläufer betrachtet wie z.B. LKW und sich wundert, daß er trotz Verdichtung 16:1 so hart läuft und derart schüttelt, so liegt das ganz simpel daran, daß er andere Ventilsteuerzeiten hat. Die effektive Verdichtung dieses Motors ist also tatsächlich höher, als die des PKWs.

Beim Kammerdiesel geht in der Tat noch etwas drauf für die Wärmeverluste durch die Kammer, der Tenor der Antworten soll also nicht in Frage gestellt sein. Aber immer wieder gibt es Mißverständnisse wegen der irreführenden Angabe des Verdichtungsverhältnisses.

Wenn man das Schubstangenverhältnis und die Steuerzeiten des Motors kennt, kann man die Verdichtungsverhältnisse umrechnen. Dann paßt es wieder. Ein Golf Diesel 1.9 TDI hat z.B. konstruktiv ein Verdichtungsverhältnis von 19,0 : 1 , effektiv aber nur 13,7 : 1 . Das rückt die Verhältnisse wieder zurecht.

Mit steigendem Ladedruck und Turboeinsatz wurden die Steuerzeiten der PKW-Diesel immer kürzer. Der Hubraum der Zylinder wird also fülliger ausgenutzt. Das Drehmoment im unteren Bereich steigt entsprechend. Würde man nun das effektive Verdichtungsverhältnis für alle diese Motoren, die Dir jetzt im Kopf sind, ausrechnen, dann würde vermutlich eine steigende Folge herauskommen und keine sinkende.

Leider geben die Hersteller solch interessante Daten in letzter Zeit nicht mehr an. Die "technischen Daten" sind eh nur noch für den Stammtisch. Die wenigsten Kunden ziehen echte Schlüsse daraus. Will man also sowas haben, so führt der Weg zum Motoreninstandsetzer. Dort bekommt man Steuerzeiten und in der Regel auch die Längen der Pleuel. Den Rest kann man sich dann mit etwas Mathematik und Geometrie selbst ausrechnen.

Gruß

Werner

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    [46922]

    Date: April 22, 2008 at 12:32:25
    From: Hanomedes, [p508a247c.dip0.t-ipconnect.de]
    Subject: nicht mit einverstanden...

    Hallo Werner,

    bei Viertaktern ist das Verdichtungsverhältniss immer bezogen auf UT. Dass man das Einlassventil später schließen läßt, macht man um die Füllung zu verbessern (höheres effektives Epsilon), nicht um sie zu verschlechtern! Motoren die ein sehr früher Es haben, besitzen nur beim Starten ein höhere effektives Verdichtungsverhältniss.

    Anders als von Dir geschildert haben grade Uraltdiesel wie mein 220D (10° nach UT)häufig ein sehr frühes Es, trotz hohem Verdichtungsverhältniss, moderne Motoren schließen da wesentlich später. Wegen fehlender Ventiltaschen bei modernen DI, besitzen diese häufig verspätete Einlasssteuerzeiten mit späten ES, trotz niedrigem Verdichtungsverhältniss. Dank Commonrail Einspritzung und moderner getakteter Glühstifte kann man heute auch mit spätem Es und niedrigem Epsilon noch ein gutes Startverhalten realisieren.

    Als MB seinerzeit die Glühstifte bei den Vorkammermotoren eingeführt hatte, wurde gleichzeitig der Es Zeitpunkt nach hinten verschoben, mit ein Grund dafür warum es ab diesem Zeitpunkt 5PS mehr gab.

    Gruß
    Dominik

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    [46925]

    Date: April 22, 2008 at 20:48:18
    From: Werner, [p50883475.dip.t-dialin.net]
    Subject: War mir klar

    Moin,

    in Deinem letzten Beitrag darüber hattest Du gesagt, der Einlaß schlösse bei UT. Also wie jetzt? Beides nicht!

    Gruß

    Werner

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    [46931]

    Date: April 23, 2008 at 12:44:19
    From: Hanomedes, [p508a2372.dip0.t-ipconnect.de]
    Subject: letzter Beitrag??

    Hallo Werner,

    ich weiß nicht welchen Beitrag Du meinst (wie schon Konrad Adenauer mal sagte...)

    Grundsätzlich schließen Einlassventile nun mal aber eher im UT als im OT, vielleicht wollte ich nur das zum Ausdruck bringen...

    Gruß
    Dominik

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    [46937]

    Date: April 23, 2008 at 20:39:25
    From: Werner, [p5088479e.dip.t-dialin.net]
    Subject: Iss schon ne Weile her - aber egal

    Hi,

    es gab vor Jahren schonmal ein Gefecht darüber. Ich werde die Kanonen aber sofort wieder verstecken.


    Gruß

    Werner

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    [46920]

    Date: April 21, 2008 at 15:43:43
    From: Russerati, [91.67.135.46]
    Subject: Re: Mein Lieblingthema

    Hallo Werner!

    > Mit steigendem Ladedruck und Turboeinsatz wurden die Steuerzeiten der
    > PKW-Diesel immer kürzer. Der Hubraum der Zylinder wird also fülliger
    > ausgenutzt. Das Drehmoment im unteren Bereich steigt entsprechend.
    > Würde man nun das effektive Verdichtungsverhältnis für alle diese
    > Motoren, die Dir jetzt im Kopf sind, ausrechnen, dann würde vermutlich
    > eine steigende Folge herauskommen und keine sinkende.

    Ahhh! Jetzt ist bei mir der Groschen gefallen. :-)


    Danke & Gruß,
    R.

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    [46907]

    Date: April 21, 2008 at 09:15:37
    From: Schorsch, [proxyad01.sbs.de]
    Subject: Re: Verdichtungsverhältnis-Spitzendruck

    Servus,
    Dominik hat ja schon viel geschrieben.
    Bei Kammerdieseln hat man viel Wärmeabgabe die dann nicht im "Einspritzraum" ankommt, deshalbauch die Vorglühanlagen...und hohe Verdichtungsverhältnisse....

    Gerade bei hoch aufgeladenen Motoren muß man den Verbrennungsspitzendruck auf ein Niveau begrenzen, dass die Mechanik aushält.
    Je nach Motorenkonstruktion sind das bis zu 200Bar im PKW Bereich.
    Das geschied mit Verdichtungsabsenkung und/oder mit Einspritzverlaufsformung. (Commonrail mit Mehrfacheinspritzung).

    Mit den neuen Abgasgesetzen Eu4/5...wurde/wird der Verbrauch bestimmt nicht niedriger...

    Gruß Schorsch

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    [46903]

    Date: April 20, 2008 at 22:24:15
    From: Hanomedes, [ip51cf71e6.direct-adsl.nl]
    Subject: Re: Verdichtungsverhältnis

    Nabend,

    rein vom theoretisch möglichen Potential her steigt der Wirkungsgrad immer weiter an mit zunehmenden Verdichtungsverhältniss. Leider steigen aber die Motorreibung und die Wärmeverluste noch stärker, so dass man bei etwa 16:1 den besten Wirkungsgrad erhält. Das Verdichtungsverhältniss wird meistens höher gewählt wird um die Starteigenschaften zu verbessern. Dummerweise muss deshalb grade für die Motoren mit den höchsten Wärmeverlusten (VK und WK) die höchsten Verdichtungsverhältnisse gewählt werden. Diese Motoren leiden deshalb noch mehr unter den Wärmeverlusten als sie es bei einem moderaten Verdichtungsverhältniss tun würden.

    Ein niedriger Verdichtungsverhältniss erlaubt auch einen hohen Ladedruck und damit eine hohe Leistung, dies ist mit ein Grund dafür warum moderne Diesel viel höhere Leistungen erreichen als früher.

    Gruß
    Dominik

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    [46912]

    Date: April 21, 2008 at 12:48:06
    From: Russerati, [91.67.135.46]
    Subject: Re: Verdichtungsverhältnis

    Hallo,

    vielen Dank für Eure interessanten Antworten! Dabei stellt sich mich gerade noch eine Zusatzfrage:

    Wird beim WK-Diesel eigentlich das Volumen der Wirbelkammer mit einbezogen in das geometrische Verdichtungsverhältnis? Wenn nein, dann wäre die effektive Verdichtung ja gar nicht so viel höher wie bei den heutigen Direkteinspritzern.


    Viele Grüße,
    R.

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    [46913]

    Date: April 21, 2008 at 12:54:09
    From: Schorsch, [proxyad01.sbs.de]
    Subject: Re: Verdichtungsverhältnis über den Kolben...

    Servus,
    Freilich wird das mit ins Verdichtungsverhältniss mit einbezogen.
    Bei WK ist die WK ca. 2/3 vom Verdichtungsraum und bei VK so die hälfte.
    Die Drosselung der Schusskanäle ist bei VK aber höher, was sich am höheren Spritverbrauch, geringerem Laufgeräusch äh..Verbrennungsgeräsch bemerkbar macht.
    Bei WK ist die Drosselung niedriger und das brennende Gemisch "rast" gut in den "Raum über den Kolben".
    Tja, bei DI hast Du gar keine Drosselung, laute Verbrennungsgeräusche und niedrigen Verbrauch:-)
    Gruß Schorsch

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         Author: ulinux