Date: January 05, 2002 at 16:13:57
From: Joachim S, [pd951e7d4.dip.t-dialin.net]
Subject: Rückmeldung aus Spanien, 5200 km, persönlicher Kälterekord unterwegs...
Hi Leute,
bin wieder da, ein paar Tage bei 20° (Plus wohlgemerkt), Baden im Mittelmeer, Rotwein getrunken, lecker gekocht, nicht gesurft (erst kein Wind, dann Sturm). Gewandert, gelesen, hab mich gut erholt von anstrengenden Wochen des Nichtstuns.
Einmal kurz festgefahren, war aber nicht der Rede wert. Der andere Bulli hat mich wieder zurück auf festen Grund gezerrt. Die Sache war leider in wenigen Minuten erledigt. Ich hatte gehofft, der andere Bulli würde sich auch eingraben, aber es hat nicht sollen sein.
Den Turbomotor hab ich unterwegs doch sehr vermisst. Nicht nur, dass ich jeden Berg etwa 20 km/h langsamer hochgekommen bin, mehr gesoffen hat der Sauger auch noch. Er war kaum unter neun Liter zu kriegen. Auf dem Hinweg waren es weit über 10 Liter, lag vermutlich auch an den rund 300 kg Zusatzgewicht in Form von Pölkanistern und dem nutzlosen Surfbrett auf dem Dach.
Jedenfalls war es Ehrensache, kein Tropfen Diesel. Meinen Mitreisenden hat das etwas irritiert, das erst das Auto randvoll mit Pölkanistern war, und ich später stundenlang durch die Städte irrte und vergeblich billige Supermärkte suchte. Und dann zum Schluss viel teurer getankt habe als an der Tanke nebenan. Er erklärte mich rückhaltlos für komplett bescheuert. Dem konnte ich nicht viel entgegenhalten, ausser dass er ein prinzipienloser Ignorant sei, der nicht wisse, worauf es im Leben ankomme. Er erzählte mir dann viele tolle Sachen, die man mit seinem Leben anfangen könne, wenn man nicht so dämlich sei wie ich. Manches klang ziemlich gut, aber ich hab so getan, als würde ich überhaupt nicht hinhören.
Die Hinfahrt war schon recht spektakulär, Schneechaos auf der Autobahn bei Aachen, und ich mit abgelutschten Sommerreifen auf der Überholspur an allen vorbei. Dachte mir, da hast du wenigstens Platz nach vorn, wenn du sowieso nicht bremsen kannst. Rechts schlich eine lange Schlange brav hintereinander her, die Überholspur war frei. Nicht von Schnee, aber wenigstens von Autos. Irgendwann kam tatsächlich einer von hinten, so ein dicker Geländewagen mit Rädern bis etwa zur Unterkante meiner Fenster. Der war noch schneller, aber ich konnte ihm keinen Platz machen, dazu hätte ich ja bremsen und/oder lenken müssen. Das hat er dann auch eingesehen und mich irgendwann einfach auf dem Grünstreifen überholt. Warum nicht gleich so.
In Belgien besserte sich die Lage, in Frankreich war alles OK. Rattenkalt, aber kein Schnee mehr auf den Strassen.
Ein Aussenthermometer hatte ich zwar zu Weihnachten geschenkt bekommen, aber es war noch nicht installiert. Das war vermutlich gut für die Nerven als wir Nachts in Spanien über ein Hochplateu gefahren sind.
Jedenfalls war es so kalt, dass der ungeschützte Tank ein gewisses Problem darstellte. Ich hatte leichten Leistungsverlust und eben den erwähnten Mehrverbrauch. Offenbar reichte der Pumpen-Innendruck nicht mehr für die richtige Funktion des Spritzverstellers. Bekanntlich fahre ich 100% Raffinat (von Carsten) im Eintank bei offenem Rücklauf und dickeren Leitungen. Diese Kombination war wohl bei geschätzten -12° am Ende.
Am Zielort habe ich deshalb meine schon mal angedrohte Brachialmethode ausprobiert, und die Überstromdrossel kurzerhand zugelötet. (Die Tests auf Ralfs Prüfstand waren in der Hinsicht sehr ermutigend, die Details dazu müssten noch in dem alten Thread zu finden sein)
Das hat sich im weiteren Verlauf der Fahrt durchaus bewährt. Hat aber genau wie der Kurzschluss den Nachteil, dass man eventuelle Luft so schnell nicht wieder raus bekommt. Jedenfalls ist bei mir alles dicht, der Wagen lief einwandfrei. Im Frühjahr werde ich das aber zurückrüsten, eventuell zugunsten einer schaltbaren Variante. Als Notbehelf war das eine feine Sache, ein Tröpfchen Lötzinn hatte ich dabei, diverse T-Stücke und Schläuche für einen echten Kurzschluss halt nicht.
Vor Ort habe ich dann das Aussenthermometer angeschlossen. Die Rückfahrt erfolgte mit Sonnenblumen-Raffinat aus dem Supermarkt. Ein kleines Probefläschchen hatte ich hinters Nummernschild geklemmt. Um es kurz zu machen, in der letzen Nacht wurde es sehr kalt. Im Fläschen war bei Minus 12° eine klare "Flüssigkeit", deutlich zäher als Honig. Flasche querhalten, und es dauerte etwa 15 Sekunden, bevor man überhaupt erkennen konnte, dass es noch floss. Trotzdem lief der Wagen einwandfrei. Der Verbrauch von knapp 10 Litern die Stunde ging offenbar noch durch die Leitung vom Tank zum Eckes-WT. Dann kam die Eifel, und die Temperatur ging runter bis auf kurzzeitig -16°. Wieder hatte ich den Eindruck eines gewissen Leistungsverlustes. Aber bei Nacht ist es immer schwer zu beurteilen, wie steil ein Berg grad so ist.
Einigermassen besorgt fragte mein Mitreisender was den jetzt wäre, wenn er jetzt stehen blieb. Ich erzählte ihm was von fliegender Verschlauchung zu einem Kanister im Innenraum (auf seinem Schoss), die wir dann eben improvisieren würden. Ich hatte den Eindruck, sein Respekt vor meinem Geisteszustand wuchs nicht, als ich das Zutanken von Diesel strikt verweigerte...
Jedenfalls kamen wir glatt durch, was er zum Schluss vor der Haustür einfach zugeben musste. Wenigstens hatte ich diese Tatsache auf meiner Seite.
Hier in Dortmund ist nun wieder alles klar. Lächerliche -8° in der Nacht. Jetzt sogar über Null. Ist der Winter schon überstanden? Für mich vermutlich schon, kälter wird es hier kaum werden.
Fazit, solange der Motor läuft und man ihn nicht stundenlang abstellt, würde ein kühlwasserbeheizbarer Tank solche Nächte zu einem Spaziergang machen. Ein solcher Zweittank fürs Fahren von Fett, und einer Sibirienreise steht nichts im Weg. Ausser dass es mir einfach zu kalt wäre.
Gruss Jo
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