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Date: August 25, 2003 at 15:19:18
From: Werner, [p3e9b9e18.dip.t-dialin.net]
Subject: Ob man in den Chefetagen von Shell, Mercedes und VW auch so stark an die Zukunft glaubt?!

Lieber Hans,

immer wieder schön, wenn Du die Provo-Taste drückst. Das zeigt doch, daß alle noch leben.

Ich bin nicht so sicher, ob man beim Shell auch so optimistisch in die Zukunft blickt. Ich habe ab und zu das zweifelhafte Vergnügen, dort die Stimmung mitzubekommen. Sicherlich zittert man nicht vor den Pölern und sieht das Ende der Tage kommen, aber es muß doch klar erkannt werden, daß es mit der Mineralölindustrie seit der sogenannten Ölkrise ständig bergab geht. Deutschland hat zum Teil bedingt durch die Vereinigung von Ost und West noch ein paar spezielle Probleme hinzu bekommen. Man hat z.B. den alten Traditionsstandort Leuna wiederbeleben wollen nach der Wende, konnte aber nicht Maß halten und hat daher gleich richtig geklotzt. Die Leuna-Raffinerie wurde komplett neu an etwas anderer Stelle aufgebaut. Es herrschte während der Bauphase ein unglaubliches Chaos, was aber nicht den Blick darauf versperrte, daß die Raffinerie im Grunde schon überflüssig war. Wir haben in der Branche immer gesagt: "Wenn Leuna mit 10 Mio Jahrestonnen in den Markt kommt, dann sind das 20 Mio Jahrestonnen zu viel!"

Die Ölindustrie hat das Problem, daß der Markt im Grunde total gesättigt ist. Ein bißchen mehr Schwefel hier, ein bißchen weniger Benzol dort, es war alles schon mal da und ist nicht neu. Auch Designer-Fuels gibt es seit über 60 Jahren in Deutschland, nur hießen die früher nicht so. Man kämpft also um Marktanteile. Schutzgebiete gibt es nicht mehr, der Globus gehört allen. Man versucht krampfhaft, sich durch Produktattribute vom Wettbewerber zu unterscheiden. (Wer weiß schon, daß der Sprit an allen Tankstellen seines Heimatortes von der gleichen Raffinerie kommt, nämlich von der nächstgelegenen).

So hat Shell also mal richtig auf die Tube gedrückt und V-Power geschöpft. Damit ist bewiesen, daß es in der heutigen Zeit möglich ist, Luxus zu verkaufen. Denn V-Power ist Luxus. Das bestreitet auch niemand. Wenn ich jezt mal mein Zukunftsauge einschalte, erwarte ich als nächstes, daß es zwei Dieselsorten geben wird, die sich im Preis und im Outfit unterscheiden werden, aber beide genauso in der normalen Spezifikation liegen werden, wie V-Power ins Super-Plus reinpaßt. Vielleicht suchen die noch einen Namen dafür, sonst wärs schon da.

Wenn mich mir anschaue, mit welchen Methoden mittlerweile im Labor einer Raffinerie gearbeitet wird, wird mir auch etwas flau bei dem Gedanken, das könne mal versagen oder falsch messen. Dort geht ohne Gaschromatographen praktisch nichts mehr. Nebenbei sind diese ganzen Prüfprozeduren auch nicht billig. Es wird immer häufiger geprüft, immer genauer, und auf immer mehr Eigenschaften hin. Zum Prüfer gesellt sich jetzt noch der Überwacher des Prüfers. Jeder versucht jeden zu kontrollieren, jeder zittert genauso um seinen blöden Arbeitsplatz, und das ganze steht unter den großen Lettern der QUALITÄTSSICHERUNG.

Kommen erst richtige synthetische Kraftstoffe, wo wird sich der Prüfanteil gewiß nicht reduzieren lassen. Es wird eher mehr.

Sicher ist das der technische Fortschritt, den ich auch niemals zurückdrehen will. Ich zeichne mein Entwürfe auch nur noch in Ausnahmefällen mit Blei auf Papier. Aber es wird immer Menschen geben, die nicht wollen, daß irgendetwas von irgendwem festgelegt wird, und sie es dann zu schlucken bzw. zu tanken haben. So wird die Pölerei, ob nun steuervergünstigt oder nicht, auch nicht verschwinden. Ich hoffe auch sehr, daß irgendwann Methanol auch mal wieder ins Spiel kommt. Das ist nämlich auch ohne Kat wirklich sauber.

Über den Abbrand-Kat beim Diesel haben wir schon 1999 mit der AGA diskutiert. Er überrascht mich nicht wirklich. Aber auch die Autoindustrie braucht - bei allem Gestöne - Dinge die neu sind. Sonst schläft der Markt ein. Der Kunde will etwas neues, er will es dem Nachbarn zeigen, will sich aufgewertet fühlen, will siche abheben. Ob es nun der Umwelt nützt oder wem, daß ist sekundär wichtig. Es dient mehr als Rechtfertigung für das Neue.

Wäre es nicht so, dann hätten alle Autos vier Sitze, vier Räder, vier Zylinder und vier Gänge. Mehr brauchts nicht.


Freuen wir uns an der Vielfalt und seien wir dankbar, daß wir überhaupt wählen können und dürfen. Aus Sicht anderer Erdteile verwalten wir ohnehin nur unseren Luxus.


Werner

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