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Date: December 23, 2004 at 14:29:09
From: Rhanie, [p213.54.191.146.tisdip.tiscali.de]
URL: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,333878,00.html
Subject: Forscher melden Durchbruch bei Brennstoffzellen

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http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,333878,00.html

BILLIGER STROM

Forscher melden Durchbruch bei Brennstoffzellen

Von Dirk Lullies

Eine neuartige Brennstoffzelle könnte die Energiekonzerne in Verlegenheit bringen. Der in Dresden entwickelte Stromspender soll zehn Mal länger halten als bisherige Brennstoffzellen und ein ganzes Einfamilienhaus mit Strom versorgen - zu Kosten von maximal 2000 Euro, unabhängig vom bisherigen Stromnetz.



Fraunhofer IKTS
Aufbau eines SOFC-Stacks: Lasagne aus Keramik- und Metallschichten
Die Welt in der nahen Zukunft: Viele kleine Haushalte bilden ein dezentrales globales Energie-Netz, in dem jeder Strom und Wärme per Brennstoffzelle zu Hause erzeugt und seine Überschüsse mit den anderen teilt. Vor knapp zwei Jahren hat der amerikanische Autor Jeremy Rifkin diese Vision einer künftigen "Wasserstoffwirtschaft" entworfen. Das von ihm vorgeschlagene Strom-WWW breche nicht nur die Macht der Energiekonzerne, sondern verringere nebenbei auch Transportverluste und die Gefahr von Stromausfällen.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Sinterwerkstoffe in Dresden sind Rifkins Vision jetzt einen Schritt näher gekommen. Sie haben eine Hochtemperatur-Brennstoffzelle entwickelt, die nicht nur preiswerter, sondern vor allem erheblich langlebiger als bisherige Systeme ist. Während der Kern anderer Zellen, "Stack" oder Stapel genannt, alle 4000 Betriebsstunden ersetzt werden müsse, soll die Fraunhofer-Zelle mindestens zehnmal so lange halten - und den Strom aus der Zelle endlich wirtschaftlich machen.

"Übliche Stacks degradieren alle tausend Betriebsstunden um bis zu zehn Prozent", sagte Fraunhofer-Abteilungsleiter Peter Otschik gegenüber SPIEGEL ONLINE. "Bei unserer Zelle haben wir nach 1500 Stunden Praxistest noch gar keine Degradation gemessen." Damit ist die neue Zelle laut Otschik für den Alltagsbetrieb zu Hause geeignet - und ein technologischer Durchbruch. "Flächendeckend eingesetzt, könnte die Zelle ein großer Schritt zur dezentralen Energieversorgung Deutschlands sein", sagte er.

Neues Material verhindert Energie-Verluste

Günter Schiller, Leiter der Projektgruppe Hochtemperatur-Brennstoffzellen am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, hält die Dresdner Erfindung für einen großen Schritt nach vorn. "Für den stationären Betrieb in Häusern ist eine Haltbarkeit von 40.000 Betriebsstunden nötig", sagte er gegenüber SPIEGEL ONLINE. Bisher hätten diesen Wert aber nur Prototypen erreicht, die sich für Kraftwerke eigneten - und nicht für Einzelhaushalte.



Fraunhofer IKTS
Stack einer Hochtemperatur- Brennstoffzelle: Fraunhofer-Forscher haben eine extrem langlebige und günstige Version entwickelt
Der Grund für die Langlebigkeit ist das Material, aus dem die Zelle besteht. Um Strom zu erzeugen, lassen Brennstoffzellen Wasserstoff mit Sauerstoff reagieren. Dabei erzeugen sie Wasser und Energie. Um den teuren und schwer zu transportierenden Wasserstoff nicht tanken zu müssen, gewinnen ihn viele Zellen aus Erdgas. Erdgas aber ist selten chemisch rein und oft mit anderen Stoffen verunreinigt, so dass sich die Zellen im Laufe der Zeit abnutzen.

Daher setzt Otschiks Team auf eine oxidkeramische Brennstoffzelle, eine so genannte Solid Oxide Fuel Cell, kurz SOFC. Wie alle Hochtemperatur-Zellen arbeitet sie bei über 800 Grad Celsius. Sie lässt zunächst Erdgas mit Sauerstoff zu Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid reagieren, dann wandelt sie beides in einer weiteren Reaktion mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid, Wasser und Energie um. Beide Reaktionen finden in den Stacks im Inneren der Zelle statt - aufeinander gestapelten Schichten aus Nickel-Anoden, Keramik-Kathoden und Metallplatten zum Ableiten des Stroms.

Forscher: Höchstmöglicher Wirkungsgrad erreicht

Das Problem: Wegen winziger Unebenheiten liegen diese Schichten nie genau aufeinander, es entsteht ein Kontaktwiderstand, der den Stromfluss behindert. "Sie produzieren wie bei einer Batterie im Inneren der Zelle viel Wärme und wenig Strom", erklärt Otschik.



Fraunhofer IKTS
Herstellung einer Stack-Schicht: Eine elastische Paste steigert den Gesamtwirkungsgrad auf 90 Prozent
Die Fraunhofer-Forscher haben ihre Stacks daher mit einem elastischen Material gefüllt, das die Unebenheiten ausgleichen kann. Damit wird der Widerstand extrem verringert, und die Zelle kann 45 Prozent der in ihr erzeugten Energie als Strom abführen. Außerdem können weitere 45 Prozent als Wärme aufgefangen werden, so dass der Gesamtwirkungsgrad annähernd 90 Prozent beträgt. Laut Otschik ist das "der höchste Wirkungsgrad, den eine Brennstoffzelle erreichen kann".

Gegenüber Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen, wie sie künftig etwa in Laptops oder Handys eingesetzt werden können, soll die Fraunhofer-Zelle einen um 15 Prozent höheren Wirkungsgrad besitzen.

Einen Nachteil hat die neue Technik dennoch: Sie ist nicht klimaneutral. Im Gegensatz zu Brennstoffzellen, die aus erneuerbaren Energien erzeugten Wasserstoff verwenden, fällt bei der Fraunhofer-Zelle das Treibhausgas Kohlendioxid an. "Wenn das Gas verbrannt wird, entsteht Kohlendioxid, daran kann man nicht vorbei", erklärt Otschik. "Das Entscheidende ist aber die dezentrale Nutzungsmöglichkeit der neuen Technik. Bei der bisherigen Strom- und Wärmeversorgung gehen bis zu 50 Prozent der Energie allein durch den Transport verloren." Seine neue Zelle gehe dagegen bedeutend sparsamer mit den fossilen Brennstoffen um.

Die Forscher wollen mit ihrer Brennstoffzelle jetzt den Massenmarkt erobern. Sie haben ihre Erfindung zum Patent angemeldet und hoffen auf Investoren. Wenn sie fündig werden, will das Team innerhalb der nächsten drei Jahre eine Variante mit einem Kilowatt Leistung auf den Markt bringen.

Das wäre genug Leistung, um ein normales Einfamilienhaus das ganze Jahr lang mit Strom zu versorgen - zum Preis von 1000 bis 2000 Euro. Heizwärme müsste man allerdings teilweise dazukaufen: Die Zelle liefert etwas mehr als ein Kilowatt Wärmeenergie pro Jahr. Das reicht nur für Niedrigenergiehäuser - alle anderen Haushalte benötigen drei bis vier Kilowatt mehr.

Gruß Rhanie.

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