Date: March 03, 2006 at 10:34:29
From: baffe, [62.134.32.25]
Subject: Schutzfunktion von Schmelzsicherungen, Sicherungsautomaten, Motorschutzschaltern und ähnlichem...
Hallo!
Weil es im Lima- Thread etwas untergeht einige Gedanken und Erfahrungen hier mal möglichst einfach ausformuliert.
Ein Überstromschutzorgan schützt zuverlässig nur einen Draht.
Das ist nun eine böse Behauptung, hier die Begündung:
Am Beispiel eines Motorreglers für einen Gleichströmer.
DC-Motor 190kW, 520A, 440V
Einspeisung 400V Drehspannungsnetz.
Der Stromrichter ist Drehstromseitig mit 3 mal 300A gut abgesichert.
Als Lastsicherung nehme ich mal 500A und das ist schon knapp.
Bei Nennlast verliert der Stromrichter ca 2000W. Das kommt gut hin, kniefieseln mag ich nicht, ändert übrigens kaum was am Ergebnis.
Für diese Leistung sind Kühlkörper und Gebläse (in der Leistungsklasse obligat) bemessen.
Bei einem Störungsfall im Bereich des Stromrichters, sowas was richtig fetzt wie ein Durchschlag eines Kondensators in einer Ventilbeschaltung ist ein Fall möglich (und nach Murphy...) in dem zumindest eine bestimmte Zeit lange der Fehlerstrom unter dem Auslösestrom der Sicherungen bleibt. Zum Beispiel wenn ein Lichtbogen den Strom begrenzt...
Simpel gesagt aus dem Netz rauscht richtig Energie in den Stromrichter, aber hinten kommt nix mehr raus.
Denkbar sind so um die 200kW die da im Stromrichter bleiben dessen Kühlung für 2kW ausgelegt ist. Dabei ist aber noch kein Auslösekriterium einer Sicherung erreicht! Die SIcherungen denken nicht dran auszulösen!
Das ist noch nicht der "worst case", denn so ein austrudelnder Gleichstrommotor kan ja auch ne zeitlang auf den Antrieb zurückspeisen. Ein 190kW Motor hat bei Nenndrehzahl mit entsprechender Last schon die Potenz seine Kohlebürsten Zuleitungen beim Kurzschluß zu verdampfen! Wenn also der auch noch mit 200kw auf den Antrieb zurückspeist wird es happig.
Im Extremfall kann also der Antrieb (der thermisch 2kW abkann) locker mit 400kW beheizt werden OHNE DASS EINE DER BETEILIGTEN SCHMELZSICHERUNGEN ÜBERLASTET WIRD!
So eine Schmelzsicherung kann aber wenns ernst wird schon einige Sekunden den zehnfachen Nennstrom ab. Damit ist man dann bei einer Speiseleistung im tausendfachen Bereich der dimensionierten Kühlleistung!
Dann verteilt sich die Energie in dem Fall ja nicht gleichmäßig über alle Bauteile sondern konzentriert sich meist in einer Ecke.
Ein rasanter Temperaturanstieg ist die Folge. Und dann schmelzen schonmal Kühlkörper!
Sicher bringt das Inferno wenn es sich weiter ausbreitet irgendwann die Sicherungen zum Rausklingeln. Aber dann sieht sowas schon sehr, sehr häßlich aus. Da fliegen dann schonmal die Türen von einem Schaltschrank!
Dabei waren die Sicherungen nicht überdimensioniert!
Bei handsameren Lasten verhält es sich übrigens nicht wesentlich anders. Wenn in einem 100Watt Netzteil mit Trafo und lastseitigem Brückengleichrichter eine Diode im Gleichrichter unterbricht, dann passiert ähnliches.
Der Trafo wird einseitig aufmagnetisiert (Gleichstromanteil im Wechselstrom). Der Primärstrom steigt rapide an OHNE daß der Sekundärstrom steigt. Die meiste Energie bleibt aber im Trafo!
Bei Vollast klingeln da die Trafosicherungen raus und gut ist, man findet die Diode defekt alles in Butter...
Bei Teillast geht aus dem Trafo u.U. 20% der Nennleistung wieder raus, aber 100% rein. Kein Kriterium eine Sicherung rauszuwerfen da alle Ströme im grünen Bereich sind. Trotzdem wird ein Trafo der mit einem Wirkungsgrad von 20% betrieben wird sehr schnell abrauchen.
Und dann fetzt er die SIcherungen...
Übrigens: Sowas passiert selten, man schützt sich nur selten dagegen, aber es passiert.
Sich dagegen zu schützen ist übrigens sehr aufwendig. Um auf den 200kW Stromrichter zurückzukommen, den richtig zu schützen und Folgeschäden zu begrenzen ist genausoviel Aufwand wie die gesamte Stromrichterei. Bei einem 200kW Stromrichter betreibt man ihn in der Regel noch nicht. In der Megawattklasse sehr wohl!
! da baffe, jetzt vergleichsweise LOW-Power unterwegs
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