Date: January 23, 2007 at 15:00:55
From: Rhanie, [203.87.234.206]
URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,461621,00.html
Subject: SCHATTENSEITEN DES BIOSPRITBOOMS Volle Tanks, leere Teller
Hallo!
Hier mal was zu dem was ich 8in anderen Threads zu Energiepflanzenanbau (Jathropa) und Erdölaquivalent (Sprit is zu billich.) geschrieben habe:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,461621,00.html
SCHATTENSEITEN DES BIOSPRITBOOMS
Volle Tanks, leere Teller
Was auf der einen Seite der Grenze als Durchbruch in der Umwelttechnik gefeiert wird, schürt auf der anderen Seite die Angst ums Überleben: In den USA boomt das Geschäft mit Bio-Sprit. Im Gegenzug wird in Mexiko nun der Mais knapp - und für die Armen unbezahlbar.
New York/Mexiko Stadt - In den USA erleben Biotreibstoffe einen ungekannten Boom. Der Absatz für Ethanol-Sprit schießt in die Höhe und beschert den Produzenten satte Gewinne. Die negativen Folgen spüren vor allem die Armen im südlichen Nachbarland Mexiko: Hier wird der Mais knapp - und deshalb immer teurer. Mais ist seit Menschengedenken das wichtigste Grundnahrungsmittel der Mexikaner, die ihn in großen Mengen zu Tortilla-Fladen backen. Die uralte Feldfrucht ist aber auch Grundlage für Ethanol.
AP
Tortilla-Bäckerin in Mexiko-Stadt: Maisvorräte auf historischem Tief
Wegen der starken Nachfrage in den USA haben die Maispreise an den internationalen Rohstoffmärkten den höchsten Stand seit zehn Jahren erreicht. Die unkalkulierbaren Schwankungen auf dem Markt für fossile Rohstoffe lassen die energiehungrige Supermacht vermehrt auf erneuerbare Energien setzen. Der Boom lenkt die Handelsströme: Die Maisernte fließt dahin, wo das Geld ist, und schreibt dabei eine Geschichte über Gewinner und Verlierer im globalen Wettbewerb. In Mexiko-Stadt verdoppelte sich der Kilopreis für Tortilla innerhalb weniger Wochen von umgerechnet 40 auf 75 Euro-Cent.
"Wenn ich in meinen Geldbeutel schaue, weiß ich nicht, wie das bis nächste Woche reichen soll", seufzt Maria Teresa Dominguez nach einem Marktbesuch in Mexiko-Stadt. Wegen des hohen Getreidepreises bleibt wenig Geld dafür übrig, die Tortilla wie gewohnt mit pikant gewürztem Fleisch zu füllen. Stattdessen packt die Handwerkerfrau billige rote Bohnen in die Fladen. Das Nationalgericht ist ein klassisches Arme-Leute-Essen. Statistiker sagen, dass jeder Mexikaner täglich zwischen 250 Gramm und einem Kilo Tortilla verzehrt.
"Die weltweiten Vorräte an Mais sind derzeit auf einem historischen Tiefstand", sagt der Analyst Joe Victor von der New Yorker Firma Allendale. "Das treibt die Preise auf dem Markt an." Victor geht von einem weiteren Anstieg aus, wenn US-Präsident George W. Bush in seiner großen Rede zur Lage der Nation am Dienstag wie erwartet einen weiteren Ausbau des Ethanol-Sektors ankündigen sollte.
Auch der Präsident schaltete sich ein
Die Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums sprechen für sich: Vor sechs Jahren gab es in den USA gut 50 Ethanol-Produzenten mit einer Jahresproduktion von weniger als acht Milliarden Litern. Inzwischen erzeugen über 100 Firmen mehr als 18 Milliarden Liter. Derzeit sind 70 Fabriken mit einer Kapazität von zusätzlich acht Milliarden Litern im Bau. Inzwischen fließen bereits 20 Prozent der US-Maisernte in die Ethanolgewinnung. Im Jahr 2000 waren es noch sechs Prozent.
In Mexiko hingegen dient der Mais noch seiner klassischen Bestimmung: Er soll Mägen füllen, nicht Autotanks. Angesichts des öffentlichen Unmuts über die Tortilla-Krise hat sich inzwischen Präsident Felipe Calderon eingeschaltet. An einem runden Tisch setzte er sich am Mittwoch mit Agrarunternehmern zusammen und handelte eine staatlich bestimmte Obergrenze von umgerechnet 60 Euro-Cent pro Kilo Tortilla aus.
Für Calderon, der sich als Anhänger einer liberalen Marktwirtschaft profiliert hat, war diese Form des staatlichen Interventionismus kein einfacher Schritt. Doch die beginnende soziale Krise ließ ihm keinen Ausweg: "Wir müssen den Maispreis so schnell wie möglich stabilisieren, um die Geldbeutel der mexikanischen Familien zu schonen", sagte er.
Alexandre Peyrille und Isabelle Tourne, AFP
Gruß Rhanie.
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