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Date: August 21, 2009 at 03:40:24
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Subject: Treibstoffgewinnung Pack das Hühnchen in den Tank

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http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,643723,00.html

Treibstoffgewinnung
Pack das Hühnchen in den Tank

Von Reinhard Kargl, Los Angeles
Hahn: Forscher wollen aus Federn Treibstoff gewinnen und neue Materialien herstellen

Hahn: Forscher wollen aus Federn Treibstoff gewinnen und neue Materialien herstellen

Mehr als fünf Milliarden Hühner werden jedes Jahr allein in der EU geschlachtet, dabei fallen gewaltige Mengen an Federn an. Forscher wollen aus dem Abfallprodukt Treibstoff gewinnen - und sogar eines der größten Probleme des Wasserstoffautos lösen.

Es klingt, als hätten Alchemisten einen Wunderstoff gebraut: Biodiesel, feste und leichte Werkstoffe, Textilien, Filter und poröse Speichermedien für Gase sollen aus ihm hergestellt werden. Ein Forscher glaubt, mit seiner Hilfe sogar eines der bisher größten Probleme des Wasserstoffautos lösen zu können: Innerhalb eines Jahres will er einen sicheren, effizienten und vor allem finanziell erschwinglichen Wasserstofftank für Kraftfahrzeuge vorstellen.

Der neue Wunderstoff ist: die Hühnerfeder.

Federn verdanken ihre Wasserfestigkeit einer Imprägnierung mit Körperölen. Dazu kommen noch Blut- und Fettspuren von der Schlachtung, wodurch die anfallende Federmasse bis zu elf Prozent ihres Trockengewichtes an verwertbaren Fettsäuren enthalten kann. An der University of Nevada wurde nun ein Verfahren entwickelt, bei dem die tierischen Körperöle durch Erhitzung extrahiert werden. Der nächste Schritt verwandelt sie in umweltfreundlichen Biodiesel, wie Forscher im Juni im Fachblatt "Journal of Agricultural and Food Chemistry" beschrieben haben. Weltweit könne man dadurch mehr als zwei Milliarden Liter Kraftstoff gewinnen - auch wenn das nur ein kleiner erster Schritt wäre: Nach Schätzungen des US-Landwirtschaftsministeriums entspräche diese Menge in etwa 0,2 Prozent des globalen Jahresverbrauches an Dieselöl.

Neues Material mit verblüffenden Eigentschaften

Das Team von Richard Wool am Chemical Engineering Department der University of Delaware will noch mehr mit den Federn anstellen: Die Forscher wollen verwerten, was bei der Ölgewinnung übrig bleibt. Der Chemiker Wool beschäftigt sich seit sechs Jahren mit den Eigenschaften von Vogelfedern. Er sieht in ihnen einen Geniestreich der Natur: Federn sind beständig, robust und leicht, dabei aber flexibel und belastbar. Sie bestehen hauptsächlich aus Wasser unlöslichen Faserproteinen, die unter dem Begriff Keratin zusammengefasst werden.

Mikrokristalline Poren in der Keratinstruktur können große Mengen von Gasen aufnehmen. Vögeln dient die im Gefieder enthaltene Luft als Wärmeisolator, Wasservögeln als eingebauter Schwimmkörper. Das Gewicht der Federn ist in Relation zur aufgenommenen Luftmenge sehr gering.

Auf einem wissenschaftlichen Fachkongress im Juni stellte Wools Team ein neu entwickeltes Verfahren vor, mit dem sich die natürliche Speicherung von Gasen wesentlich verbessern lässt. Im ersten Schritt des von seinem Institut entwickelten Verfahrens werden die Federn in Stickstoff eingeschlossen und auf 215 Grad Celsius erhitzt. Die Keratin-Struktur wird dabei nicht zerstört, aber die Fasern vernetzen sich. Nach einer Abkühlungsphase erfolgt eine zweite Erhitzung auf mehr als 400 Grad. Dabei verdichtet sich die Masse, die Materialfestigkeit steigt. Bei gleichzeitiger Oberflächenvergrößerung erhöht sich die Anzahl der Poren drastisch. Die Publikation in einem wissenschaftlichen Fachblatt steht bevor, Anwälte der University of Delaware prüfen derzeit die Patentierbarkeit des Verfahrens.

Erschwingliche Tanks für Wasserstoffautos

Die Schwierigkeit liegt darin, die genau richtigen Temperaturen und Erhitzungszeiten auszutüfteln. Wenn alle Werte stimmen, kommt am Ende ein karbonisiertes, hochporöses Fasermaterial mit verblüffenden Eigenschaften heraus. Versuche haben gezeigt, dass es ähnlich viel oder mehr Wasserstoffatome absorbieren kann wie Metallhydride oder exotische Kohlenstoff- Nanoröhren. "Die Wasserstoffatome lagern sich in der großen Zahl von Nanoporen ein, die nach der Pyrolyse der Keratinstruktur zurückbleiben," erklärt Wool.

Zwar ist der ökologische Nutzen des Wasserstoffantriebs bisher nicht besonders ausgeprägt, da Wasserstoffgas ohne Verwendung von Atom- oder Kohlestrom nicht in ausreichenden Mengen gewonnen werden kann. Wenn aber Wools Verfahren hält, was es verspricht, könnten Wasserstoffautos zumindest erschwinglich werden. Denn der Tank ist bisher das Hauptproblem. Als komprimiertes Gas würde Wasserstoff 40-mal so viel Platz brauchen wie Benzin. Flüssiger Wasserstoff beansprucht dagegen nur ein Fünftel des Volumens von komprimiertem Gas, muss aber unter extremer Wärmeisolierung auf minus 253 Grad gehalten werden.

Windturbinen, Autoteile, Hausdächer - was Forscher künftig mit Hühnerfedern anstellen wollen

In Frage kommt auch die Einlagerung von gasförmigem Wasserstoff in Metallhydriden, Nanoröhren aus Kohlenstoff oder anderen exotischen Materialien. Doch Tanks aus Metallhydriden sind schwer und teuer. Sie sind heute allenfalls für U-Boote geeignet, bei denen Kosten und Gewicht kaum eine Rolle spielen. Aber auch ohne diese Probleme wären solche Tanks für Autos kaum geeignet. Laut Wool würde ein einigermaßen brauchbarer Metallhydrid-Tank an die 30.000 Dollar kosten. Für einen Autotank aus Kohlenstoffröhren müsste man heute gar 5,5 Millionen Dollar hinblättern. Ein in der Kapazität vergleichbarer Tank aus karbonisierten Hühnerfedern würde dagegen lediglich 200 Dollar kosten, so der Chemiker.

Derzeit schafft es Wools Team nach eigenen Angaben, so viel Wasserstoff im karbonisierten Federmaterial einzulagern, dass ein normales Auto eine Strecke von 480 Kilometern zurücklegen könnte. Der Wasserstoff würde in diesem Fall zwei Prozent des Gesamtgewichts des Tanks ausmachen. Spätestens im nächsten Jahr will Wool einen entsprechenden Prototypen vorstellen. Auf lange Sicht hofft er aber, dass sich die Speicherkapazität der Federn durch Feinabstimmung des Verfahrens auf sechs oder mehr Gewichtsprozent Wasserstoff erhöhen lässt.

Skepsis im Regierungslabor

Experten für Wasserstofftanks und die Autoindustrie gehen heute allgemein davon aus, dass sich die bisherigen Sicherheitsprobleme beim Transport der brisanten Substanz technisch lösen lassen. Dabei wäre die Einlagerung von Wasserstoff in porösem Festmaterial die sicherste aller Lösungen, weil dabei nur wenig Druck im Behälter herrscht. Solche Tanks könnten sich sogar als sicherer erweisen als Benzintanks, sagt Lin Simpson, der Leiter des Wasserstoff-Programms am National Renewable Energy Laboratory in Denver (US-Bundesstaat Colorado).

Auf Initiative der US-Regierung wurde ein Konsortium geschaffen, das alle denkbaren Wasserstoffsysteme testen soll. Wools Material sei zwar interessant, meint Simpson. "Poröse Kohlenstoff-Materialien werden allerdings schon seit einigen Jahren untersucht." Und bisher habe noch keine solche Lösung den Anforderungen des US-Energieministeriums gerecht werden können.

Die im Regierungsauftrag gestellten Ziele sind hoch angesetzt: Geeignete KFZ-Wasserstoffsysteme sollen die Leistung von Benzinfahrzeugen erreichen. Wool entgegnet, dass er erst am Anfang steht. Seiner Meinung nach ließe sich die Speicherkapazität seines Federnmaterials durch Verbesserungen bei der Verarbeitung wesentlich erhöhen.

Neuartige Werkstoffe aus Federn

Derweil versucht der Forscher gemeinsam mit seinem Team, aus karbonisierten Federn mehr als nur Wasserstofftanks zu machen. Sie sollen auch für Werkstoffe taugen, die leicht, flexibel, fest und stabil sind - und wesentlich billiger als synthetisch aus Erdöl hergestellte Produkte. Wool und die University of Delaware haben dafür bereits mehrere Patente angemeldet.

Karbonisierte Keratinfasern könnten auch zur Verstärkung von Polymeren dienen. An Wools Institut für "grüne" Materialien denkt man zum Beispiel an Flügel für Windturbinen, leichte Autoteile und Hausdächer, die tropischen Wirbelstürmen widerstehen könnten. Bei der gleichzeitigen Verwendung von Kunststoff aus Sojaöl und Keratinfasern aus Hühnerfedern ließe sich sogar der gesamte Flügel einer Windturbine aus landwirtschaftlichen Rohstoffen herstellen. Auf Geflügelfedern basierende Keratinwerkstoffe könnten auch für die Elektronikindustrie interessant sein. Denn damit lassen sich leichte und trotzdem widerstandsfähige Leiterplatten aus einem fast gratis erhältlichen Ausgangsmaterial herstellen.

Und vielleicht werden eines Tages nicht nur Vögel Federkleider tragen. Auch Wolle besteht letztlich aus Keratin. Denkbar ist daher eine Aufbereitung der Feder-Keratine, um sie in Fasern für Textilien zu spinnen. Yiqi Yang an der University of Nebraska arbeitet an solchen Technologien und kann sich vorstellen, dass sich damit leichte, widerstandfähige und gut isolierende Stoffe herstellen lassen.

Umweltfreundlicher als aus Chemiefasern hergestellte Kleidung wären Federtextilien auf jeden Fall. Bis der Maßanzug aus Hühnerfedern für Gesprächsstoff im Büro sorgt, dürften allerdings noch einige Jahre vergehen.

Gruss Rhanie.

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