Date: May 24, 2003 at 23:24:59
From: Hans Fürthbauer, [linzu2-210-138.utaonline.at]
Subject: Re: Der R-Gang ...@ Hans F.
Hallo Rhanie,
die elektrischen Retarder, die ich kenne, erzeugen keinen Strom, sondern verbrauchen halbwegs viel Strom und belasten damit die Energiebilanz des Fahrzeugs. Sie sind aber sehr wirksam und leiten bei Betätigung einen recht deutlich spürbaren Bremsvorgang ein. Damit wird die eigentliche Bremsanlage geschont und steht nebenbei uneingeschränkt zur Verfügung.
Zur Funktion eines elektrischen Retarders: Er ist zwischen Getriebe und Achsantrieb eingebaut. Er hat 2 Läufer (2 nicht magnetisierbare, mehrere cm dicke Stahlscheiben mit Lüftungsschlitzen), die in einem gewissen Abstand voneinander in den Antriebsstrang integriert sind und mit Gelenkwellendrehzahl laufen.
In diesem konstruktiv vorgegebenen Abstand zwischen den beiden Läufern sitzt der feststehende Stator. Der ist, je nach Anbauort des Retarders, entweder mit dem Getriebegehäuse, mit dem Rahmen, oder mit der Hinterachsbrücke verbunden. Auf dem Stator sitzen eine ganze Reihe dicke Spulenpakete. Auf die wird beim Bremsen stufenweise Strom aus dem Bordnetz geschaltet. Die kräftigen Magnetfelder der Spulen erzeugen in den beiden Läufern starke Wirbelströme und bremsen damit die Gelenkwelle und das Fahrzeug ab. Die Bremswirkung des elektrischen Retarders hängt stark vom Luftspalt zwischen den Spulen am Stator und den Läufern ab. Daher ist der konstruktiv so eng, wie technisch möglich und manchmal einstellbar.
Beim Bremsen entsteht aber durch die Wirbelströme in den Läufern Wärme, daher die radialen Lüftungsschlitze (ähnlich, wie bei einer "belüfteten" Bremsscheibe) zur Kühlung. Es soll schon dunkel glühende Retarder-Läufer gegeben haben.
Die echten Retarder-Profis unter den Fahrern wissen, daß sie nach langem Retardereinsatz während einer Paßfahrt talabwärts das Fahrzeug unten nicht gleich beim nächsten Wirtshaus abstellen dürfen, sonst geht die Isolierung der Spulen durch die Strahlungswärme der Läufer kaputt und der Chef weiß das auch. ...
War meine "Belichtung" des Themas ausreichend, oder soll ich in meinem Archiv kramen? Dort habe ich von der IAA-Nutzfahrzeuge 2002 und denen davor sicher noch mehr Details. Aber ich kenne die Technik aus meiner LKW-Tätigkeit noch sehr gut und bleibe auch am Ball, weil es mich einfach interessiert. Wer mal selber LKW's gefahren und repariert hat, weiß, was ich meine. Beides zusammen waren bei mir 22 Jahre.
MfG Hans F.
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