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Date: June 25, 2004 at 23:39:55
From: Hans Fürthbauer, [linzu4-97-100.utaonline.at]
Subject: @ Alex: Denso-Nfz-CR EDC U2-System

Hallo Alex,

es hat erheblich länger gedauert, als ich gedacht habe, weil ich mir die Informationen erst wieder etwas mühsam zusammentragen und ein wenig strukturieren mußte. Ich habe auch nochmal zurückgeblättert zu Deiner ersten Anfrage. Es scheint in Deiner Familie mindestens 2 John Deere-Mähdrescher zu geben. Den relativ neuen, mit der 8,1 Liter-Maschine, dem EDC U2-System und den alten, mit der Stanadyne-Pumpe? Ihr betreibt auch selber eine Ölmühle und habt daher die "totale" Kontrolle über Euer Pöl. Frei von Fremdkörpern,
Schwebstoffen, Wasser, Säuren, usw.? Damit wißt Ihr wenigstens, was ihr in den Tank füllt.

Jetzt beschreibe ich mal die Bauteile am Beispiel des Denso EDC U2-CR-Systems für einen 6-Zylinder-Nfz-Motor. So wie sie der Reihe nach im Kraftstoffverlauf vorkommen. Auf die Sensorik und das Steuergerät gehe ich nicht ein. Meine Beschreibung stützt sich auf Schulungsinformationen von Denso und Vergleiche mit anderen CR-Systemen. Sie muß nicht unbedingt ganz mit Deiner Anlage übereinstimmen. Dann bitte um eine Beschreibung der Unterschiede, denn wir wollten Informationen austauschen. Persönliche Erfahrung und Teile aus der Denso-Nfz-Anlage habe ich (noch) nicht.

Tank: keine Besonderheit, wahrscheinlich ein Tanksieb oder ein Vorreiniger in der Leitung zur Vorförderpumpe. Keine elektrische Intankpumpe. Falls doch kein Grobfilter vorhanden wäre, würde ich einen nachrüsten. Volumsmäßig groß dimensioniert und nicht zu fein, so 20 - 30 µm mittlere Maschenweite.

Vorförderpumpe ist mechanisch: Direkt an die Hochdruckpumpe gegenüber der Antriebsseite angeflanscht und von der Nockenwelle der HDP angetrieben. Die Pumpe ist eine Rotorpumpe ("Eatonpumpe"), wie sie in ähnlicher Ausführung auch als Motorölpumpe oder Hydraulikpumpe verwendet wird. Die Pumpbewegung erfolgt in den großen "Zahnlücken" zwischen dem Innen- und dem Außenrotor, der Innenrotor hat einen Zahn weniger als der Außenrotor und ist exzentrisch angebracht. Diese Pumpen sind sehr robust und zuverlässig. Sie haben auch bei kleiner Bauweise eine hohe Förderleistung und können hohe Drücke aufbauen. Mit halbwegs sauberem Pöl ohne korrosionsfördende Komponenten hat sie sicher kein Problem. Neben der Vorförderpumpe ist bei meiner Muster-Anlage auch noch eine mechanische Handpumpe zur Systembefüllung bei Reparaturen oder bei Filterwechsel vorhanden.

Kraftstofffilter: herkömmlich, aber wegen der hohen Förderleistung der Rotorpumpe mit Überströmventil und Rücklauf zum Tank. Damit ist auch eine gute Selbstentlüftung des Niederdrucksystems vorhanden. Das ist eventuell auch Pöl-freundlich.

Hochdruckpumpe: 2-Element-Pumpe, Antrieb ähnlich einer Reihenpumpe. Die Nockenwelle hat aber pro Pumpenelement 3 Nocken (so wie auch die Bosch CP2, wie sie bei Renault-LKW verwendet wurde). Die Elementkolben werden von der Nockenwelle über Rollenstößel angetrieben. Die Schmierung des Triebwerks (Nockenwelle, Rollenstößel und ganz unterster Teil der Elementkolben) erfolgt mit Motoröl. Die beiden Elementkolben sind ähnlich wie bei einer Reihenpumpe relativ lang und haben eine Leckölrückführung. Damit ist die Spielpassung mit Sicherheit (auf die Viskosität von Diesel) so ausgelegt, daß eine gewisse Kraftstoffmenge vom Hochdruckraum als Schmierung zwischen Elementkolben und Pumpenzylinder durchtreten kann. Ob das mit Pöl auch funktioniert, wäre zu untersuchen. Das ist halt ein Funktionsrisiko. Die Leckölrückführung verhindert auch, "daß
Schmier-Kraftstoff" in den Triebwerksraum gelangt und dort zur Ölverdünnung führt. Das Lecköl wird in den Rücklauf zum Tank abgeführt.

Oberhalb der beiden Pumpenelemente sitzt je ein elektromagnetisch betätigtes Druckregelventil. Damit wird vom Steuergerät der kennfeldgeregelte Raildruck in Abhängigkeit der Betriebsbedingungen eingestellt. Der von den Druckregelventilen abgesteuerte Kraftstoff geht über einen Anschluß am Pumpengehäuse zusammen mit der Rücklaufmenge aus dem Filter und der Leck- und Steuermenge aus den Injektoren ebenfalls in den Tank zurück. Die Druckregelventile ziehen viel Strom, denn sie werden über ein eigenes Relais von B+ versorgt. Die Massetaktung macht dann das Steuergerät. Die Druckregelventile könnten mit Pöl stark an Dynamik verlieren, was aber bei einem Nfz-Motor mit hohem Volllastanteil (wie du geschrieben hast) und wahrscheinlich viel konstanter Drehzahl wenig bis nichts ausmachen sollte.

In den schräg nach oben wegführenden Anschlüssen ist noch jeweils ein Rückschlagventil integriert. Die Rückschlagventile halten den Raildruck aufrecht, wenn ein Pumpenelement im Saughub arbeitet, oder das Druckregelventil den Hochdruck absteuert. Sollte mit Pöl genauso funktionieren.

Nur der Vollständigkeit halber: An der HDP ist auch noch der Sensor für die Stellung der Pumpen-Nockenwelle angebracht. Das Geberrad sitzt zwischen den beiden Elementnocken auf der Nockenwelle. Pöl-Betrieb kratzt den nicht.

Rail: Von der HDP gelangt der Kraftstoff über 2 Hochdruckleitungen von den beiden Pumpenelementen der HDP in das Rail. Am Rail befindet sich ein Druckbegrenzer. Das ist eine Art Überdruckventil, das bei 1400 bar öffnet und Kraftstoff in den Rücklauf abfließen läßt. Der Druckbegrenzer schließt erst wieder bei ca. 300 bar. Damit wird dem Fahrer über den Drehmomenteinbruch deutlich signalisiert, daß im System was faul ist. Ein Druckbegrenzer ist gelegentlich bei Bosch-Anlagen auch zu finden. Der Druckbegrenzer ist eine reine
redundante Sicherheitseinrichtung und kommt normalerweise nicht zum Arbeiten. Er wird vielleicht mit der Zeit mit Pöl "verschlenzen" und dann nicht mehr funktionieren. Risiko eher gering.

Ebenfalls am Rail ist der Raildrucksensor montiert. Der gehört aber nicht zur Hydraulik und dem ist Pöl auch egal.

In den Anschlüssen des Rails für die Leitungen zu den einzelnen Injektoren befinden sich Durchflußbegrenzer, wie sie auch von der Bosch-Anlage bekannt sind. Ist eine Düse in einem Injektor undicht, dann käme es zu einer Dauereinspritzung. Die führt in kürzester Zeit zum Durchbrennen des Kolbens mit Fresser usw. Also zu einem gewaltigen Motorschaden. Der Durchflußbegrenzer spricht auf einen Druckabfall, wie er in der Leitung zum Injektor während der Einspritzung entsteht an. Sein Kolben bewegt sich in Richtung schließen. Aber eben bei intakter Anlage nicht soweit, daß die Leitung zum Injektor wirklich verschlossen wird. Bei einer Undichtheit und damit unzulässig hohem Druckabfall in der Leitung zu einem Injektor sperrt der Durchflußbegrenzer den betroffenen Leitungsanschluß. Damit ist der defekte Injektor solange stillgelegt, wie der Motor läuft. Die Ventilteile (Kolben, Feder) dieser
Durchflußbegrenzer sind während des Motorbetriebs ständig in Bewegung und natürlich im Ansprechverhalten auf Dieselkraftstoff ausgelegt. Hier kann es wegen der stark unterschiedlichen Viskosität ein Funktionsrisiko geben.

Injektoren: Du hast geschrieben, daß John Deere sagt, daß es Bosch-Injektoren sind. Die Bosch-Injektoren für Nfz haben einen anderen Aufbau, als die, die ich beim Denso-System in meinen Unterlagen sehe. Es sind zwar auch Magnetventil-Injektoren etwa in herkömmlicher Technik, mit der üblichen Vorsteuerung für den Druck auf dem Steuerkolben oberhalb der Düsennadel. Der Druck auf dem Steuerkolben bestimmt, ob eingespritzt wird oder nicht. Über eine Zufluß- und eine Abflußdrossel passiert der Druckaufbau und Druckabbau. Die Steuerung der Abflußdrossel erfolgt über einen elektromagnetisch betätigten Anker, wie bei Bosch. Der Anker ist in seiner Funktion aber aufwendiger als bei den Bosch-MV-Injektoren. Es ist etwas mehr Mikromechanik vorhanden. Der Magnetanker steuert 2 Ventilsitze. Die Einspritzung erfolgt grundsätzlich mit einer Pilot- und einer Haupteinspritzung. Abhängig von den Betriebsbedingungen sind auch 2 Voreinspritzungen möglich. Auch die Injektoren sind von den Durchflüssen und den Schaltzeiten auf Diesel appliziert. Hier ist es bei einem Mähdrescher sicher so, daß im Gegensatz zu einem LKW, Fahrkomfort, Laufgeräusch und Abgas keine Rolle spielen. Ein gewisses Funktionsrisiko sehe ich aber trotzdem. Das wäre auch mit Bosch-Injektoren nicht kleiner. Ob Bosch oder nicht, kannst Du leicht prüfen: Bei Bosch-Teilen ist immer am Typenschild oder einer sonstigen Identifikationsfläche der obligate Bosch-Anker vorhanden. Bei bei den PKW-Injektoren ist der oben am elektr. Anschluß für die Injektorspule. Wird bei Nfz-Injektoren auch so sein. Die Identifikation muß ja im eingebauten Zustand sichtbar sein. Sind es Denso Injektoren, dann ist ein verschnörkeltes "D" aufgeprägt.

Im Kraftstoffrücklauf befindet sich ein Kraftstofftemperaturfühler. Den könnte man bei eventuellen Versuchen für einfache Temperaturmessungen anzapfen.

Du hast auch nach eventuell zulässigen Rücklaufdrücken gefragt. Dazu habe ich für Denso keine Informationen. Bei Bosch gibt es dafür Grenzwerte. Der Rücklaufdruck an den Injektoren hat Rückwirkungen auf die Funktion der Abflußdrossel im Injektor und damit auf die Einspritzmenge. Solange er unter ca. 1,0 bar liegt, passiert bei einem Quasi-Stationärbetrieb, wie ihn ein Mähdrescher hat, direkt an den Injektoren nichts, oder nicht viel. Allerdings könnte sich dadurch der Systemdruck im Niederdruckkreislauf erhöhen. Das müßtest Du prüfen.

Die Pöl-kritischen Umfänge im Hinblick auf die Funktion sind für mich in dieser Reihenfolge: die Hochdruckpumpe, die Injektoren und die Durchflußbegrenzer. Eine Saugstrahlpumpe, wie beim Delphi-System, das ich hier auch schon mal beschrieben habe, gibt es nicht. Mögliche Ausfall-Risiken durch Ablagerungen, Pöl-freundliche Lebewesen im Kraftstoffsystem, Korrosion oder Kavitation wären ein weiteres Thema.

Wie auch immer: Du hast in einem früheren Beitrag gemeint, daß Du ein 2-Tank-System aufbauen wirst. Das wäre für mich auch mal die absolute Minimalkonfiguration. Eine Pöl-Vorwärmung für den Betrieb unmittelbar nach dem Umschalten von Diesel auf Pöl würde ich mir auch noch überlegen. Denn sonst fährst Du nach dem Umschalten mit einem
Kraftstoff hoher Viskosität in das System rein. Mag keine großartigen Auswirkungen haben oder doch vielleicht wegen Volllast, hoher Drehzahl, hoher Drücke und mangelhafter Schmierung einen Fresser an den Pumpenelementen verursachen. Ein Pumpenelement mit Fresser heißt: Ausfall des Motors.

Fazit: Bei einer Erntemaschine bleibt Pöl, auch als Zumischung funktionsmäßig und im Hinblick auf die Betriebssicherheit immer ein gewisses Hasardspiel. Das ist Dir klar. Einen "Persilschein" gibt es leider nicht. Ich habe versucht, positive und kritische Merkmale aufzuzeigen. Meine persönliche Tendenz ist negativ. Aber es ist Deine Entscheidung. Und: wer nichts wagt, der gewinnt auch nichts. Bin schon sehr gespannt, wie Du Dich entscheidest!

MfG Hans F.

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