Date: February 24, 2005 at 09:48:40
From: Rhanie, [p213.54.161.16.tisdip.tiscali.de]
URL: http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,343264,00.html
Subject: Möglichst restlose Verbrennung
Hallo!
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,1518,343264,00.html
DIESEL-INTERVIEW
"Möglichst restlose Verbrennung"
Noch nie hat Mercedes seine Motoren so gründlich erneuert wie derzeit. Vor allem die neuen Diesel sollen sparsamer, stärker und sauberer werden. Auf dem Genfer Auto-Salon wird ein V6 als stärkster Pkw-Diesel der Welt debütieren. SPIEGEL ONLINE sprach mit Joachim Schommers, dem Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung.
SPIEGEL ONLINE: Herr Schommers, Sie und Ihr Team haben mit dem neuen V6-Diesel im C320 CDI einen Motor entwickelt, der ohne Rußpartikelfilter die EU-4-Norm unterbietet. Wodurch ist das möglich?
Joachim Schommes: Weniger Rußpartikel durch homogene Verbrennung
Schommers: Es gibt eine ganze Reihe von Gründen. Ein sehr wichtiger ist, dass wir bei der Gemischbildung im Brennraum sehr große Fortschritte erzielen konnten. Der OM642, so heißt der Motor bei uns intern, arbeitet mit 1600 bar Einspritzdruck und Acht-Loch-Piezo-Injektoren. Außerdem können wir durch Drosselklappen im Einlasstrakt die Art der Luftzuströmung verändern. Dadurch entsteht bei Bedarf ein intensiver Drall im Brennraum, der dort die Bildung des Diesel-Luft-Gemisches und der Verbrennung optimiert.
SPIEGEL ONLINE: Wie sollte eine optimale Verbrennung im Dieselmotor denn ablaufen?
Schommers: Wir steuern den Verbrennungsablauf so, dass Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe möglichst restlos verbrennen. Das geschieht im Wesentlichen gegen Ende des Verbrennungsvorgangs.
SPIEGEL ONLINE: Und wie lassen sich die ebenfalls schädlichen Stickoxide und Rußpartikel reduzieren?
Mercedes-V6-Diesel: Einspritzdruck von bis zu 1600 bar
Schommers: Stickoxide entstehen bei sehr hohen Temperaturen und einem hohen Sauerstoffanteil im Verbrennungsgemisch. Um die Temperatur möglichst niedrig zu halten, dehnen wir quasi den Verbrennungsvorgang in die Länge, indem der Kraftstoff nicht auf einmal, sondern in mehreren Teilmengen eingespritzt wird. Unser "Common-Rail Piezo"-Einspritzsystem ist in der Lage, bis zu fünfmal pro Verbrennungsvorgang Kraftstoff in den Zylinder zu injizieren. Dadurch können wir alle Abgaskomponenten minimieren und den ganzen Verbrennungsvorgang sozusagen "designen". Nebenbei sinkt durch diesen - wie wir sagen: flacheren Brennverlauf - auch das Motorengeräusch. Der Sauerstoffanteil wird gesenkt durch die Rückführung gekühlter Abgase in den Zylinder.
SPIEGEL ONLINE: Dann bleiben noch die Rußpartikel...
Schommers: Um diese bereits im Brennraum maximal zu reduzieren, streben wir eine möglichst homogene Verbrennung an. Das heißt, wir versuchen den Kraftstoff maximal zu zerstäuben. Je kleiner die Dieseltröpfchen, desto gleichmäßiger die Verbrennung und desto geringer die Partikel, die übrig bleiben.
SPIEGEL ONLINE: Wie stellen Sie sicher, dass diese sehr fein aufeinander abgestimmten Details auch nach Jahren noch funktionieren?
Schommers: Indem wir geringste Abweichungen über die gesamte Lebensdauer der Aggregate diagnostizieren und die Motorsteuerung entsprechend verändern. Die Verbrennung im Motor wird ständig von Sensoren zum Beispiel für Druck, Temperatur, Luftmasse und den Sauerstoffanteil im Abgas überwacht. Weicht ein Wert ab, greift das Motormanagement korrigierend ein.
SPIEGEL ONLINE: Sie bieten für den Motor auch einen Rußpartikelfilter an. Ist das nötig?
Schommers: Der Dieselpartikelfilter ist in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden Serie. Wir brauchen ihn nicht, um die Euro-4-Abgasnorm zu erfüllen, wohl aber um den Kunden die Chance zu geben, ihr Fahrzeug noch umweltschonender zu betreiben. Abgasreinigung ist übrigens immer dann am wirkungsvollsten, wenn sie mit sehr hohen Temperaturen arbeiten kann. Das bedeutet: Wir müssen die Abgasleitungen gut isolieren, die Wege möglichst kurz halten und die Katalysatoren und Filter so nahe wie möglich am Motor platzieren.
SPIEGEL ONLINE: Mercedes baut seit 70 Jahren Pkw mit Dieselmotor. Wo sehen Sie noch Entwicklungspotenzial für den Selbstzünder?
OM642 Motorblock: Hier entstehen 224 PS und 510 Newtonmeter
Schommers: Wir haben den Pkw-Diesel erfunden. Wir werden künftig die Gemischaufbereitung und die Abgasrückführung noch weiter verbessern. Dann werden wir, sobald die nötige Sensorik zur Verfügung steht, die Verbrennung in Zukunft noch homogener, mit noch weniger Schadstoffen ablaufen lassen können. Und schließlich lässt sich auch die Abgasnachbehandlung noch deutlich verbessern. Allerdings, und das ist die große Kunst, darf das nicht dazu führen, dass der Verbrauchsvorteil des Dieselmotors dadurch verloren geht.
SPIEGEL ONLINE: Immer wieder ist auch von Designer-Dieselkraftstoff die Rede. Was bedeutet das?
Schommers: Dieselkraftstoff, der aus Rohöl gewonnen wird, enthält immer auch Bestandteile, die einer sauberen Verbrennung im Weg stehen. Bei synthetischen Kraftstoffen könnten diese Bestandteile von vornherein vermieden werden. Für die Senkung der Stickoxide zum Beispiel ist die Qualität des Kraftstoffs entscheidend. Und das Potenzial ist da, denken Sie nur daran, wie viel Gas bei der Raffinierung von Öl abgefackelt wird. Das wäre ein idealer Rohstoff für synthetischen Dieselkraftstoff.
Das Interview führte Jürgen Pander
Gruß Rhanie.
Follow Ups: