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Date: January 14, 2008 at 09:26:08
From: Werner, [p50886d88.dip.t-dialin.net]
Subject: die Dauerläufer

Moin,

für Dampfturbinen bin ich nicht der Experte, kann nur sagen, was ich bisher gesehen habe an stationären Turbomaschinen, Dampfturbinen oder Expansionsturbinen, die als Dauerläufer eingesetzt sind. Dort hat man Lager mit nichtkreisförmigem Querschnitt. Verbreitet sind sechs-"eckige" Lagerpolygone, wobei die "Ecken" so abgerundet sind, daß mit dem bloßen Auge die Abweichung nicht gleich auffällt. Man erreicht damit einen Mehrfachschmierkeil, der das Lager von mehreren Seiten stützt und das Aufsetzen über die gesamte Betriebszeit verhindert. Diese Lager haben in der Tat keinen Verschleiß, solange sie ihre Betriebs- und Einsatzgrenzen nicht verlassen. Der Polygonschliff hat allerdings seinen Preis und wird nicht von jedem beherrscht. Neuerdings geht man auch unsymmetrisch an solche Dinge ran, heißt, die Lager werden für eine Drehrichtung optimiert. CAD-CAC und Micro-Schleiftechnik machen es möglich.

Bei diesen Maschinen ist normalerweise der Dauerlauf angesagt. Mir wäre nicht bekannt, daß vor dem Anlauf versucht würde, die Welle zum Schwimmen zu bringen. Ölversorgung ja, langsames Vordrehen mit exakter Vermessung der Welle (betriebsmäßiger Messung der Lagerabweichung auf 1000stel !!) ja, . . . aber wenn die Dinger einmal drehen, werden die selten abgestellt und daher ist der Anlauf meist nicht so spannend.

Wie gesagt, bin nicht der Experte, mir fällt gerade ein, im Sauerland steht ein Kraftwerk, wo am WE ein Block einfach abgestellt wird. Es kommt sogar vor, daß man am Tag mehrmals rauf und runter fährt. Unglaublich, wie schon Ende der 80er mit dem Kessel umgegangen wurde. Vom Zünden der Kohlestaubfeuerung bis zur Netzsynchronisation in weniger, als einer Viertelstunde. Es kann sein, daß an der Maschinerie solche Spezialeinrichtungen angebracht sind. Ich habe damals nur die Peripherie der Abgasentstickung gemacht und dort mußte der Pumpenhersteller ganz schön schwitzen, um seine gleitgelagerten darauf fit zu machen. Man hat das aber mit entsprechender Materialauswahl hinbekommen - Sililziumkarbid war damals das Zauberwort.

Bei den hochdrehenden Gleitlagern mit großen Schergeschwindigkeiten kommt man ohne Mehrfachanlauf des Schmierkeils überhaupt nicht aus. Die Scherströmung sollte nicht turbulent werden, was aber leicht passieren kann bei den entsprechend notwendigen Spalten. Am Beispiel des Axiallagers (Foto) sieht man, wie im letzten Teil der Lagerfläche der Schmierfilm instabil geworden ist und sich Verkokungen durch Überhitzung auf der Lagerfläche abgesetzt haben. Das Lager ist von einer hochdrehenden Turbomaschine, die wir in unserer Anlage zur Überholung gegeben haben. Der Instandsetzer hat sich seinerzeit um Lager mit sechs Anlaufrillen und einer anderen Schmierkeilsteigung bemüht - leider ohne Erfolg. Sowas baut halt nicht jeder. Wir werden also auf den Jungen, wenn er in ein paar Wochen wieder ins Rennen soll, ganz schön aufpassen müssen. Alle Regler sind schon zum Anschlag auf Kühlung verstellt - hoffen wir das Beste.

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Nochmal zur Theorie des Lagerschwimmens. Wenn ich einfach von unten richtig drücke, hebe ich selbstverständlich die Welle an. Sobald ich die aber drehe, kippt sie mir einseitig runter und kratzt doch wieder => Lagermischreibung. Motorentuner und -experten schwören auf die Wirkung der korrekt angebrachten Schmierlöcher und schleifen da mitunter dran rum, was das Zeug hält. Ich kanns nicht recht beurteilen, aber wenn einer seinem Ferrari nochmal hundert PS mehr einhauchen läßt, gibt er wohl Geld für sowas - selbst wenn die teure Karosse dann doch nach 20.000 km wieder ein Problem hat.

Wenn ich aber mehrere Löcher anbringe und einfach auf alle richtig Druck draufgebe, dann tut mir die Welle leider nicht den Gefallen, sich mittig auszurichten, sondern "klebt" an einer Lagerecke. Das liegt daran, daß bei einem Loch von - sagen wir mal - 10 Quadratmillimeter und einem Druck von 1000bar (Dein Beispiel) eine Kraft von 100 Kilo auf die Welle wirkt. Auf der gegenüberliegenden Seite aber, wo der Schmierspalt die größte Ausdehnung hat, strömt bei diesen Drücken das Öl bereits mit hoher Reynoldszahl und voll ausgebildetem dynamischen Druck ins Lager und drückt die Welle nach dem Impulssatz mit der doppelten Kraft an die andere Seite. Wir haben es mit dem sog. hydrodynamischen Paradoxon zu tun.

Wenn ich also diese Schmierstoffzuführungen nicht einzeln regele, wird das mit der schwimmenden Welle nix. Es hat schon die wildesten Versuche auf dem Gebiet gegeben.

Die Hersteller von Elektrolagern geben allerdings damit an, daß sie vor dem Anlauf bereits die Welle zentrieren. Das geht dann nach dem Magnetschwebeprinzip und bedeutet einen Haufen Elektronik. Ich habe in den 90ern viel Reklame für solche Lager gesehen und mit Firmenvertretern gesprochen. Die Herrschaften wollten den Ölkreislauf einer großen Maschine völlig abschaffen und darüber den hohen Preis der Lager rechtfertigen. Ich weiß aber nicht, ob sowas schonmal ernsthaft verwendet wurde. Bei Ausfall des Elektrolager konnte mir damals jedenfalls keiner sagen, was dann passiert.


So, genug Klugpfiff für heute. Vielleicht hat ein fähiger Masch.-Bauer dazu noch ein paar aktuellere Kommentare.

Gruß

Werner

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