Date: October 01, 2000 at 12:57:08
From: Hans Fürthbauer, [212.152.206.253]
Subject: Re: Ich antworte mal, hoffe aber, daß es weitere Wortmeldungen gibt
Hallo Stephan,
zu Frage 1.) Selbstverständlich kann man an den Lucas-Pumpen auch den Innendruck messen. Der bringt aber nicht viel. Er ist mit dem Innenraumdruck der Bosch-VE-Pumpe nicht vergleichbar. Auch der Transferdruck der Lucas-Pumpe, der für die Füllung des Hochdruckteiles, die Spritzverstellerfunktion und andere Funktionen zuständig ist, ist meßbar, hilft aber in Deiner Frage nicht weiter. Maßgeblich ist der Druck im Hochdruckteil der Pumpe. Der ist mit einem speziellen, extrem schnellen Drucksensor meßbar. Bei der Lucas-Pumpe etwas aufwendig, bei der Bosch-VE-Pumpe an der Öffnung für die Entlüftungsschraube im Verteilerkopf.
Zu den Spitzendrücken: Eine einfache Bosch-Verteilerpumpe für einen Wirbelkammermotor bringt mit Dieselöl Spitzendrücke von ca. 700 bar aufwärts. Eine Bosch-TDI-Pumpe, je nach Ausführung bis über 1300 bar, eine Bosch- VP44-Radialkolbenpumpe bis 1850 bar.
Der extreme Spitzendruck entsteht dadurch, daß die Förderung besonders bei hohen Drehzahlen je nach Gaspedalstellung innerhalb von 0,5 - 1,5 Millisekunden bedingt durch den Antrieb erfolgen muß. Durch die Trägheit der Kraftstoffsäule im Hochdruckraum, in den Leitungen und das "langsame" Öffnen der Düse, wird der gesamte Hochdruckteil regelrecht "aufgeblasen". Bei laufendem Motor Einspritzleitungen angreifen, kann man spüren. Erst wenn die Düse geöffnet hat und die Einspritzung beginnt, baut sich der Druck ab, bis die Düse schließt. Vereinfacht dargestellt: Die Einspritzung an der Düse dauert etwa doppelt so lang, wie die Förderung der Pumpe! Der Öffnungsdruck der Düse sagt daher nichts aus über den Spitzendruck in der Pumpe. Das gilt für Diesel. Pöl ist aufgrund seiner hohen Viskosität noch erheblich träger. Dadurch steigen die Spitzendrücke logischerweise weiter an. Von den Pumpenherstellern gibt es leider zu Pöl keine Meßwerte. Aus den Befundungen von Pumpenschäden ist aber klar, daß es sich um gewaltige Überbelastungen gehandelt hat.
Wegen der auch mit Diesel höheren Drücke ist eine Radialkolbenpumpe (z.B. Lucas-Pumpen, Bosch VP44) bei Verwendung von Pöl kritischer als eine Bosch-VE-Pumpe. Bei Lucas-Pumpen tritt bei hoher Viskosität des Kraftstoffs eine heftige Schlagbeanspruchung am Beginn der Hochdruckförderung am Rollenring auf. Auch die TDIs aller Fabrikate mit Ihren Lochdüsen sind empfindlich.
Zur Frage 2.) Marie hat die Antwort schon teilweise gegeben. Ergänzung: Der Öffnungsdruck wird von der Vorspannung der Düsenfeder bestimmt. Er wird nicht wesentlich vom Medium beeinflußt. Eine Änderung des Öffnungsdruckes bringt daher nicht viel. Auch ein Rückschluß vom Öffnungsdruck auf die Druckspitzen der Pumpe ist nicht möglich.
Anders ist es beim Spritzbild. Das hängt ganz erheblich von der Viskosität des Mediums ab. Marie hat es sehr schön beschrieben. Da ist nichts mehr hinzuzufügen.
Das Thema insgesamt ist sehr komplex und kann hier vermutlich nicht erschöpfend beschrieben werden. Wenn jemand mehr wissen will, oder spezielle Fragen zu seiner Pumpe hat, kann er mir gerne eine e-mail mit seinen Fragen schicken. Da ich beruflich oft sehr in Zeitdruck stehe, kann die Antwort etwas dauern, sie kommt aber sicher.
MfG
Hans
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