Date: June 03, 2002 at 22:04:34
From: Hans Fürthbauer, [linzu3-216-222.utaonline.at]
Subject: Re: @ Ralf Hofmann: das ist eine leichte und eine schwierige Frage, ...
Hallo Ralf,
die Hand-Vorförderpumpe kommt vor die Vorförderpumpe der Reihenpumpe. Hier ist die Antwort leicht und kurz.
Der 2. Punkt "Warum gibt's da keine Vorverstellung des Einspritzzeitpunktes zwecks besseren Kaltstarts?? Ist das bei einer Reihenpumpe konstruktiv nicht lösbar? Bei den elektronisch gesteuerten Reihenpumpen ist diese Art der Kaltstarthilfe doch bestimmt implementiert, oder?" ist nicht mehr so einfach. Ich probier's halt mal:
Die Reihenpumpen haben alle (Hubschieberpumpen ausgenommen, siehe weiter unten) konstruktiv bedingt einen mechanischen Fliehkraft-Spritzversteller. Der sitzt immer vor der Pumpe im Antrieb. Den SV gibt's in vielen Varianten, aber keiner hat eine Eingriffsmöglichkeit für den Kaltstart. Das wäre sehr kompliziert und war lange Zeit nicht unbedingt erforderlich. Denn Startmenge und Start-Einspritzbeginn können bei einer Reihenpumpe durch eine pfiffige Gestaltung der Kolbenoberkante vom Elementkolben angepaßt werden. Die Startmenge war eventuell noch temperaturabhängig, der Start-Einspritzbeginn ist bei diesen Pumpen fix.
Die PKW-Reihenpumpen mit elektronischer Mengen-Regelung von MB haben auch nur den mechanischen Spritzversteller. Das war aber so ein gewaltiges Manko, daß es schon Probleme gab, die EU2-Abgasgrenzwerte zu unterschreiten. MB hatte vor Einführung von Common Rail auch schon Verteilerpumpen (Lucas und Bosch) in diversen Anwendungen im Einsatz. Warum, möchte ich hier nicht kommentieren.
Zurück zur elektronischen Mengenregelung für PKW: Die gabs eh nur bei MB und war im PKW für Motoren mit EU2-Zertifizierung und Ausblick auf EU3 praktisch technisch schon tot, wurde aber natürlich in den "nicht EU2-Motoren" über der Restlaufzeit weiter verbaut. Was technisch, wirtschaftlich und von der Umwelt her gesehen absolut in Ordnung war.
Am LKW hat man die Reihenpumpe mit elektronischer Mengenregelung noch mit einem zusätzlichen Stellwerk für eine Spritzbeginn-Regelung gebracht. Es war die "Hubschieberpumpe": Die konnte zusammen mit dem Steuergerät und mit einer Erfassung des Ist-Spritzbeginns tatsächlich den Spritzbeginn regeln. Selbstverständlich auch einen Kaltstart-Spritzbeginn.
Einige Nutzfahrzeughersteller haben die Pumpe verbaut, der Ersteinsatz war wieder bei Mercedes, den Motortyp weiß ich aus dem Stegreif nicht. MAN und andere kamen dazu. Die Pumpe war aber so horrend teuer, daß sie z.B. bei Mercedes sehr schnell durch das PLD-System (Pumpe-Leitung-Düse), heißt heute UPS (Unit Pump System) abgelöst wurde. Das kann erheblich mehr als die Hubschieberpumpe und hat viele andere Vorteile. Bei anderen Nutzfahrzeugherstellern kam das Pumpe-Düse-System (Volvo, Scania, ...). Also auch die Hubschieberpumpe ist technisch tot und es wurde wieder viel Geld für die Entwicklung beim Hersteller und den Nutzfahrzeugfirmen zwecks Erfüllung der gesetzlichen Abgasgrenzwerte in den Sand gesetzt.
Ich hoffe, daß ich den Sachverhalt halbwegs verständlich formulieren konnte. Mir liegt was dran, auch einige Hintergründe zu bringen, um das bei Dir und anderen Lesern negative Bild der Auto- und Zubehörindustrie etwas zurechtzurücken.
MfG Hans F.
Follow Ups: