Date: January 10, 2004 at 20:43:10
From: Hans Fürthbauer, [linz11proxy.aon.at]
Subject: Re: Ursprünglich ging es ja mal darum ob ein Turbo an Pöl (im Möl) krepiert.
Hallo baffe,
danke für Deine Ergänzung. Ich bin jetzt fast sicher, daß der Mechanismus bei Deinem 60-PS-Kat-Diesel so war, wie ich ihn beschrieben habe. Der Pöl-Eintrag wird tatsächlich durch die Kurzstrecke verursacht worden sein.
Ich habe eine Kurzbeschreibung des Motors von einem VW-Entwicklungsmann. Darin kann man sehen, daß bei diesem Motor aus Komfort- und Umweltschutzgründen einige Modifikationen an der Einspritzausrüstung gegenüber dem ursprünglichen Sauger vorgenommen wurden. Beispiel: Verlängerung der Einspritzzeit im Leerlauf und reduzierter Kraftstoffdurchfluß bei geringem Düsennadelhub. Diese Änderungen beeinträchtigen meiner Meinung nach eine saubere Gemischbildung mit dem höher viskosen Pöl im kalten Zustand erheblich. Und begünstigen daher den Pöl-Eintrag bei wenig Drehzahl und Last und Leerlauf.
Aber zurück zum Ausgangspunkt, dem Lader: Dieser Motor hatte ja auch nur eine leichte Aufladung. Es ging da in erster Linie um die Reduzierung von Ruß. Man hat daher sogar auf einen LDA an der Pumpe verzichtet. Ich erinnere mich noch genau an die IAA 1989, dort stand so ein Umweltdiesel mit offener Motorhaube auf dem VW-Stand. Irgendwo am Motor gab es einen Aufkleber "Turbodiesel", wo genau, weiß ich aus dem Stegreif nicht mehr. Ich habe noch Dias davon, aber die liegen im Archiv. Jedenfalls habe ich sofort auf die Einspritzpumpe geschaut, die hatte aber keinen LDA. Ungläubiges Staunen! Zuerst habe ich mir gedacht, da haben die VW-Leute was verwechselt. Aber, wie ich dann genauer geschaut habe und auch die Werbung für den Kat-Diesel gelesen hatte, war es klar.
Das war ein unglaublich geschickter, politischer Schachzug von VW. Der "Zwergerl-Kat" war zwar im normalen Fahrbetrieb relativ wirkungslos, aber es war mal ein Anfang gemacht und die technisch unwissenden Politiker waren beruhigt. Die hatten sich gerade wieder mal auf den Diesel eingeschossen.
Interessant war auch die damalige Werbung. Es war ebenfalls 1989: während VW den Dieselkat farbig mit viel grünem Laub sehr geschickt beworben hat, hat Mercedes in Österreich den Dieselkat in ganzseitigen Zeitungsinseraten madig gemacht und auf die eben eingeführte Schrägeinspritzung "Diesel ´89" verwiesen. Technisch war das sogar richtig, politisch aber falsch, denn nach VW haben sofort PSA und BMW den Dieselkat angeboten. Ford und Opel haben sich angeschlossen. Es waren damals am Anfang noch normale 3-Wege-Benziner-Kats, so schnell ging das.
Mercedes konnte dem Druck nicht standhalten: in ebenfalls ganzseitigen Zeitungsinseraten hat Mercedes 1991 für den Dieselkat geworben. ...
Was ich zum Lader noch ergänzen wollte: Der Lader war halt auch nicht wirklich beansprucht. Wobei ich glaube, daß es dem Lader relativ egal ist, ob er als Schmiermittel Möl oder Pöl angeboten bekommt. Es muß halt in so ausreichender Menge da sein, daß die Laufzeug-Welle auf dem Ölfilm aufschwimmt und es im Betrieb zu keiner Mischreibung zwischen Welle und Gleitlagern kommt. Die Welle zentriert sich durch die Drehzahl, so daß auch Kantenträger vermieden werden. Und das Schmiermittel darf halt bei heißem Lader nach dem Abstellen des Motors nicht "anbrennen". Da VW auch bei der Motorauslegung die Abgastemperatur berücksichtigt und niedrig gehalten hat, wie man in dem oben erwähnten Bericht nachlesen kann, ist es Deinem Lader vermutlich recht gut gegangen.
MfG Hans F.
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