Date: February 27, 2009 at 01:59:27
From: Werner, [p5b37da7d.dip.t-dialin.net]
Subject: Danke für die Unterlagen
Moin,
von dem Motor habe ich natürlich auch gehört und auch versucht, darüber näheres zu erfahren. Ich weiß nicht definitiv, warum dieses Konzept nicht weiter verfolgt wurde. Irgendwo habe ich mal gelesen, daß dieser Motor auf irgendeiner Messe "vielbeachtet" wurde.
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Aber mal ein paar Kommentare doch noch dazu:
Mal erst möchte ich sagen, daß Elsbett zwar bei Hugo Junkers allerlei Tricks gelernt hat und auch (genau wie sein Chef) verstanden hat, Tabus zu brechen, aber . . . . . .
als Junkers seinen Hut nehmen mußte und sich an weder an dem technischen Schwachsinn noch an der kriegstreibenden Politik beteiligen wollte, haben Leute wie Elsbett oder auch Dr. Gassner (der allerdings bald starb) wie die Irren Kriegsmotoren gebaut (Benziner) und dem dritten Reich so einiges "verkauft", was in der realen, hart umkämpften Kundenwelt wohl nicht so durchgegangen wäre.
Elsbett hat immer auch schon für seine Ideen satt Reklame gemacht, wobei die technischen Begründungen auch schon mal etwas volkstümlich verzogen wurden. Im grünen darf man sowas nicht schreiben, aber für angebracht halte ich es doch mal. Mir persönlich sind an den Elsbett-Maschinen immer zu viele Erfindungen gleichzeitig dran gewesen - das ist irgendwie komisch oder sagen wir "strange".
Zur Technik:
Der Antrieb über Riemen ist absolut logisch. Ein Getriebe, was bei dem Ungleichförmigkeitsgrad sauber ein schnell drehendes Gebläse antreibt, wäre eine eigene Wissenschaft für sich. Ich selbst träume zwar zur Zeit immer noch vom Getriebegebläse, habe mir aber den Hinterausgang zum Riemen schon freigeschossen. Beim Einzylinder lasse ich ein fremdbetriebenes Gebläse laufen und wage gar nicht an einen Antrieb durch den Motor zu denken, aber auch beim später geplanten Vierzylinder bin ich nicht sicher, ob das gutgeht.
Kompakte Bauweise schön und gut, aber Elsbett mußte wirklich dafür Sorge tragen, daß die Spülwiderstände möglichst gering sind. Das ist in der gezeigten Anordnung wohl am besten geglückt.
Nun aber mal zur Bilanz der Spülluftkühlung: leider kann man einen Zweitakter nicht drucklos spülen. Ich habe zahlreiche Modelle gebaut, um mit dem geringstmöglichen Spüldruckverlust hinzukommen. Zielsetzung war 0,15 bar. Im Kaltversuch - also ohne heiße Abgase - klappt das auch unzwischen. Nun ist die große Frage, ob mit heißen Abgasen die Sache schlechter oder besser funktioniert. Einerseits entleeren sich die heißen Abgase mit Karacho von selbst und saugen in der Folge (hoffentlich) noch reichlich Luft an, andererseits kann in der Zeit, wo das Abgas mit einem Restdruck von 4 bar beginnend ausströmt, gar nicht gespült werden, weil das zarte Gebläse da nicht gegen ankommt.
Der Elsbett-Motor ist ein Gleichstrommotor, der offenbar im Kopf ein Ventil hat. Somit kann theoretisch der Spülwiderstand noch etwas gesenkt werden, aber . . . .
es dürfte wohl kaum gelingen, den notwendigen Druck unter 0,1 bar zu bekommen. Die genauen Daten dieses Motor wären wirklich mal interessant. Und nun kommt die Riesenkrux:
Um die Wärme abführen zu können, muß die Kühlluftmenge ein mehrfaches der Spülluft betragen. Wir nehmen einfach mal den dicken Daumen und rechnen:
14 Liter Luft verbrennen einen Kubikzentimeter Sprit stöchiometrisch. Dieser eine Kubikzentimeter hat ungefähr 30 kJ Verbrennungswärme. Nun sagen wir mal, wir hätten ein Drittel Energie mechanisch, ein Drittel Abgas und ein Drittel Kühlung. Das hieße, daß 10 kJ durch die Kühlluft abgeführt werden müssen.
Wie heiß darf die Kühlluft denn werden?? Wie gut schaffe ich überhaupt den Wärmeübergang vom glatten, heißen Material an die doch sehr dünne Luft? Die Flamme und deren enorme Strahlungswärme haben kein großes Problem, Kolben und Zylinder aufzuheizen, dafür die Kühlluft aber um so mehr, das ganze wieder auf erträglichen Hausgebrauch runter zu kriegen.
Da wir das nicht wissen, nehmen wir einfach mal den Kühlluftaustritt eines alten Magirus Deutz LKW an. Dort wird mit 80 °C gerechnet, also für die bloße Hand auf Dauer schon ziemlich Aua, für den luftgekühlten Motor aber dennoch heißer, als mit Wasserkühlung bei 80 °C.
Die Luft im Elsbett-Motor hat nach dem Gebläse schon locker 30 bis 40 °C, wir sind aber mal nicht so und lassen sie um 50 °C im Schnitt heißer werden. Dann brauchen wir glatte 200 Liter zur Kühlung, also das 14-fache !!!!
Nun wird der kleine Motor auch noch durch Abstrahlung etc. gekühlt. Je kleiner, desto einfacher sind Kühlprobleme zu lösen. Auch kann man sich vorstellen, daß Elsbett einfach höhere Temperaturen zugelassen hat etc. Aber sicherlich liegt man mit dem Faktor 10 für Verbrennungsspülluft zu Kühlspülluft nicht komplett daneben.
Das Gebläse muß also 10 mal so groß sein, wie es sein müßte. Auch der Leistungsbedarf ist 10-fach. Ein reines Kühlluftgebläse als simpler Propeller, der die Luft einfach nur an Kühlrippen entlang bläst, kommt da mit wesentlich weniger aus.
Dann ist natürlich noch das Problem, daß das Gebläse während des Arbeitstaktes nichts zu tun hat und vor den geschlossenen Kanal läuft. In dieser Zeit wird nicht gespült, das Gebläse verbraucht aber trotzdem Energie und heizt während dieser Umdrehungen die Luft ganz schön auf. Solche Konzepte muß man für Vielzylindermotoren einsetzen, wenn sie effektiv sein sollen. Ich gehe bei meinem Konzept nicht unter vier Zylinder, evtl. mal drei in Sternanordnung. So kann immer was strömen.
Die Werbung, die der gute Elsbett macht, ist typisch für ihn. Es klingt erstmal technisch doll, aber die quantitativen Aussagen fehlen und halten leider oft Nachrechnungen nicht stand.
Bei einem so großen Spülluftüberschuß wundert einen die Gleichstromspülung. Eine Umkehrspülung würde auch nach der großen Luftmenge blitzblank spülen, das wäre gar kein Problem. Sodann ist absolut nicht schlüssig, warum dieser Luftüberschuß eine solche Leistung bringen soll. Die Luft geht ja durch den Zylinder und ist weg. Sie steht der Verbrennung gar nicht zur Verfügung. Wohl 1-fach im Zylinder und auch mit 100 % Luft ohne Restabgase, das ist wahr, aber das macht nicht einen solch starken Leistungsgewinn, wie in der Werbung suggeriert. In der Praxis ist es heutzutage sogar erwünscht, daß Restgase die Verbrennung etwas dämpfen und bessere Abgaswerte bringen.
Alle diese Probleme und ähnliche habe ich bei meinem Konzept auch. Ich brauche wenig Widerstand, möchte unbedingt per Gebläse spülen und nicht per Turbo, möchte keinen Ladeluftkühler brauchen müssen, weil dieser sperrig und schwierig mit Außenkühlluft zu versorgen ist, möchte aber trotzdem die Spülung so effektiv haben, daß ich auch ein bißchen Leistungsausbeute aus dem Hubraum rausbekommen. Man wird sehen, was dabei rumkommt. Die Wirtschaftskrise läßt mich hoffentlich dieses Jahr ein wenig mehr Zeit haben. Habe schon einen neuen Antrieb für die Steckpumpe gebaut - drei Tage schon wieder weg und es sieht trotzdem noch gefrickelt aus. :-((
1800 ccm und 75 bis 90 PS scheinen mir nicht übertrieben zu sein, aber selbst wenn der 450 ccm Einzylinder endlich mal aus eigener Kraft laufen sollte, wird er nicht gleich freiwillig 15PS hinlegen.
Gruß
Werner
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