Date: December 03, 2001 at 22:15:57
From: Hans Fürthbauer, [62.218.100.14]
Subject: Zur "Stauchung" des Verteilerkolbens ...
Hallo Jo,
entschuldige, hat etwas gedauert, bin etwas in Zeitdruck, aber hier ist meine ebenfalls jetzt "unpolitische" Antwort:
Einverstanden: rein rechnerisch gesehen gibt es eine Durchmesserzunahme des Verteilerkolbens durch den Druck.
Vorausgesetzt, daß es ein starres System wäre. Ist es aber nicht. Du hast einige Punkte aufgezählt, wo es zu einem "Abfedern" kommt, wie Du es nennst. Die Hauptlast der Druckspitzen trägt die Hubscheibe. Die hat an den Nocken eine Linienberührung mit den Rollen. Die axiale Rollen-Position selbst kann auch bei korrekter Montage Höhenunterschiede von bis zu 0,02 mm haben. An der Hubscheibe gibt es also Kipp- und Biegeeffekte, die den Löwenanteil der Druckspitzen aufnehmen.
Tatsächlich sind in der Anfangszeit der TDI's durch die erforderliche Drucksteigerung wegen der Lochdüsen Brüche an Hubscheiben und Rollenbolzen aufgetreten. Bezüglich der anderen Teile, die Du auch genannt hast, stimme ich Dir zu. Auf die Aufzählung weiterer "Pufferteile" im Pumpenverband verzichte ich jetzt.
Noch 2 Ergänzungen: Während der Zeit, in der ich intensiv mit der mechanischen Pumpe zu tun hatte, habe ich festgestellt, daß auch die stirnseitige Einbausituation der Pumpe am Antrieb und die Abstützung hinten am Verteilerkopf eine Rolle bezüglich Druck und Fördermenge spielt. Darauf möchte ich im Detail aber hier nicht eingehen. Die Kompressibilität des Kraftstoffs (Diesel oder Pöl) wäre auch noch ein Punkt.
Zurück zur Durchmesserzunahme: Von praktischer Bedeutung ist sie meiner Meinung nach nicht. Sie bewegt sich im Normalbetrieb einer Pumpe im 100-stel Mikrometer-Bereich und kann mit der heutigen Meßtechnik nicht reproduzierbar gemessen werden. Die fertigungsbedingten Abweichungen von der Rundheit und der Zylinderform des Kolbens liegen wahrscheinlich in der selben Größenordnung oder darüber. Ich werde mal den Verteilerkolben, der vor mir auf dem Tisch steht, auf die beiden Merkmale messen lassen.
Du hast auch angesprochen, was passiert, wenn die Düse "vorne dicht" ist. Wir hatten so einen Fall, wo bei einem neuen Fzg. an einem Zylinder der Spritzzapfen der Düse (aus ungeklärter Ursache, unsere Annahme war ein Fertigungsfehler der Düse) abgebrochen und im Spritzloch stecken geblieben war. Die Düse war dicht und hat keinen Kraftstoff mehr durchgelassen. Konnten wir am Laufgeräusch des Motors, am Düsenprüfstand und bei der Befundung der Düse schön nachvollziehen. Der Kunde ist etwa 1.000 km mit einem Zylinder weniger gefahren. Um es abzukürzen: Die Hubscheibe und die Rollen zeigten eine etwas rötlich/bläuliche Verfärbung, sonst war die Pumpe trotz der Beanspruchung in Ordnung.
Einen anderen Punkt hast Du am Rande auch erwähnt: Die Querkraft auf den Verteilerkolben beim Fördervorgang. Für mich ist das einer der Knackpunkte. Dazu bin ich MartinR noch eine Antwort auf seine direkte Frage schuldig. Andererseits muß ich ihn noch fragen, ob meine Vermutung bezüglich Korrelation Anordnung der "Schmiernut" und Kolbenfresser stimmt.
Daher möchte ich hier nicht vorgreifen. Wenn ich alles beisammen habe, was ich für eine Einschätzung brauche, melde ich mich dazu gerne. Aber vielleicht habt Ihr dann schon die Kernursache gefunden.
Den Till habe ich vielleicht vergrämt, es war aber nicht bös gemeint. Es steht mir auch nicht zu, ihm einen Tip zu geben. Ich denke, in der Forschung darf und muß man "spinnen", in der Umsetzung zählen dann die Fakten.
MfG Hans F.
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