Date: June 05, 2004 at 23:29:46
From: Hans Fürthbauer, [linzu3-220-202.utaonline.at]
Subject: Re: Alles im Leben ist endlich!
Hallo baffe,
na ja, Dein Vergleich Industriemaschinen und Roboter mit einem Auto paßt auch nicht so recht. Es sind 2 grundverschiedene Welten, die Du da vergleichst. Aus meiner Berufstätigkeit sind mir beide bestens vertraut. Deswegen darf ich Dir widersprechen.
Es stimmt schon, daß an Produktionseinrichtungen hohe Qualitäts-, Zuverlässigkeits- und Lebensdaueransprüche gestellt werden. Aber, es spielen bei mittelgroßen Anlagen wegen der langen Amortisationsdauer 50.000 € höhere Anschaffungskosten keine Rolle, wenn das Ding nur garantiert zuverlässig arbeitet. Daher haben die Konstrukteure und Entwickler da viel größere Freiheitsgrade, was die Robustheit anbelangt. Produktionseinrichtungen sind auch keine Massenware wie Autos, sondern bedarfsgerecht für den Kunden aus bewährten Bausteinen zusammengestellt. Es gibt im Vergleich zum Auto auch kaum Konkurrenz unter den Herstellern. Die haben sich den Markt eingeteilt. Funktionsrelevante, gesetzliche Forderungen gibt es ebenfalls wenige. Und ein ganz wichtiger Punkt: Die Betriebsbedingungen sind um ein vielfaches besser, als bei einem Auto, denn die Anlagen sind im Vergleich zu einem Auto doch recht einseitige "Spezialisten" mit fixen, gut gestalteten Aufstellungsorten, wenig bis keinen klimatischen Einflüssen, regelmäßiger Wartung und IH und qualifiziertem Bedienpersonal.
Ich mag die weiteren Unterschiede jetzt gar nicht alle aufzählen. Die kennst Du selber.
Beim Auto wird in der Konstruktions- und Entwicklungsphase beim Hersteller zuerst mal versucht, die eigenen Vorstellungen von Innovation, Qualität, Zuverlässigkeit, Lebensdauer, Servicefreundlichkeit und die vielfältigen Kundenwünsche und gesetzlichen Anforderungen unter einen Hut zu bekommen. Hier zählt auch noch die Kreativität.
Dann stellt sich heraus: Alles bestens! Aber leider zu teuer, zu schwer und zu groß! Also wird bei den HSK jeder Cent, beim Gewicht jedes Gramm und beim Package jeder mm³ Raumbedarf hinterfragt.
Um ein Auto zu bauen, braucht man hunderte kompetente und qualifizierte Zulieferer. Die sind als nächstes gefordert. Die Zulieferer haben Unterlieferanten. Die haben auch wieder Sublieferanten. Der Druck auf alle ist enorm. ...
Trotzdem bringen die Autohersteller in schneller Folge immer wieder neue, innovative Typen und Varianten zu akzeptablen Kaufpreisen hervor, weil es der Markt so verlangt. Das wäre mal zuallerst positiv anzuerkennen.
Bei so komplexen "Anlagen", wie einem Auto und so vielfältigen Betriebsbedingungen kann es gelegentlich Funktionsstörungen geben. Die Komplexität wurde einerseits durch die von uns gewählten Politiker und deren Gesetze hervorgerufen, andererseits sind halt wichtige Komfort- und Sicherheitsfunktionen heute nicht mehr wegzudenken. ABS, ESP, Klimaanlage sind heute Standard, ohne daß die Autos erheblich teurer geworden sind.
Daß die Entwickler der nicht so extrem kostenkritischen Marken und Typen manchmal übertrieben haben, das habe ich in meinem Beitrag an MichaelZ zu seinem Mercedes schon erwähnt. Das war nicht gescheit und wird auch wieder zurückgefahren.
Zu den ganzen Bedenken und den verdeckten und offenen Vorwürfen gegen die Autoindustrie möchte ich Euch ein kleines, unscheinbares Buch von Roy Lewis empfehlen: "Der Affe fällt nicht weit vom Stamm". Erschienen 1962 im Paul Zsolnay Verlag. Darin wird das Leben der allerersten Urmenschen, die im Zuge der Evolution von den Bäumen runter gestiegen sind und sich in der Steppe auf 2 Beinen fortbewegt haben, pointiert beschrieben. Einer, der nicht mitgemacht hat und auf den Bäumen geblieben ist, der Onkel Wanja, argumentiert ähnlich gegen den Fortschritt, wie es hier einige tun.
Wie auch immer: Produktionsmaschinen und Roboter gehen kaputt, Autos, PCs, Kühlschränke, Fernseher, Handys, und ganz sicher wir Menschen auch. Darauf bezieht sich meine Überschrift.
MfG Hans F.
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