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Date: November 02, 2004 at 15:37:59
From: Werner, [pd9fd1f1f.dip.t-dialin.net]
Subject: Durchaus doch..

Hallo Hans,

ohne Zündkerze geht es nicht beim Benziner, wie wir alle wissen. Dennoch wird aber bei der Wahl des realen Verdichtungsverhältnisses darauf geachtet, daß man möglichst nah an die Selbstzündung heran kommt.

Wer einmal - wie ich - einen alten und zylinderkopfseitig verbackenen VW-Käfer gefahren hat, weiß, daß man bei heißem Motor mit ausgeschalteter Zündung noch sehr weit fahren kann, ehe dann endlich in einem nichtendenwollenden Fehlzündungsspektakel der Motor allmählich seine 34 Pferde zügelte. Es war in den Siebzigern bei uns ein Kaufkriterium für einen alten Käfer, wie schnell dem Motor unter Vollgas die Spucke wegblieb, wenn man den Zündschlüssel drehte.

Auch ist den meisten - sicherlich auch Dir - noch in Erinnerung, wie lange es manchmal dauerte, ehe ein z.B. Opel Benziner beim Ausschalten wirklich den Betrieb einstellte. Manchmal half wirklich nur noch Gang, Bremse und Kupplung. Das Nachdieseln wurde schließlich per Magnetventil unterbunden und ist heute im Zeitalter der Einspritzungen kein Thema mehr.

Lange Rede kurzer Sinn: es ist im Brennraum zum Zündzeitpunkt durchaus so heiß, daß es (fast) schon von alleine losgeht. Die Kerze sagt nur noch, wann und wo genau.

Die Werte von 220 °C für Benzin und Diesel müssen wir bei der Planung von Anlagen annehmen. Es sind sichere Werte, heißt, darunter entzünden sich diese Stoffe nicht. Eigentlich sollten die Autobauer innerhalb ihrer Motorräume auch für die heißeste Stelle diese Werte einhalten, aber dort liegen die Hersteller immer mit der Physikalisch Technischen Bundesanstalt in Braunschweig im Clinch. Gemäß PTB ist jedenfalls ein Benzinauto nicht sicher, was ja auch bei den immer wieder vorkommenden Autospontanbränden eindrucksvoll vorgeführt wird. Das sind keine glühenden Oberflächen, an denen das austretende Benzin sich entzündet. Das sind heiße Oberflächen.

Klar ist, daß nicht die Alkane Heptan, Oktan oder Dodekan (beim Diesel) bei dieser Temperatur reagieren, sondern einzelne Begleitstoffe. Meist sind dies mehrfache Alkene. Ich habe während meiner Studentenzeit in der Raffinerie im Treibstoffprüflabor schon 216 °C Entzündungstemperatur beim damaligen verbleiten Super gemessen. Dabei war der Treibstoff von seiner Klopffestigkeit in Ordnung. Er mußte aber aufgrund dieser Messung verworfen bzw. neu gemischt werden.

Ich habe aber auch schon einmal reines Isoktan (Oktan 100) gemessen und einige Liter für mein damaliges Auto abgezweigt. Das war wirklich eine ganz andere Vorstellung.

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Wenn ich für den Golf-Motor älterer Bauart einmal eine Verdichtung von 9,5:1 annehme und außerdem davon ausgehe, daß die von Joachim S. im Rahmen des PRG-Tunings gemessene Erhebungskurve für die Nockenwelle richtig ist, komme ich bei dieser Verdichtung und einem angenommenen Polytropenexponenten von 1,3 auf eine Verdichtungsendtemperatur von 227 °C. Während der Verdichtung wird am Anfang der Exponent evtl. noch darüber liegen, weil sich die Luft an dem wämeren Material (angenommen 100 °C bei 85 °C Kühlwasser) aufheizt, gegen Ende aber deutlich abfallen und eher in die Nähe von 1,2 gehen. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt auch der Benzindampf selbst, dessen Kappa aufgrund der Molekülstuktur ohnehin nur bei 1,1 liegt und dessen Verdunstungswärme noch für eine meßbare Abkühlung sorgt. Die Hersteller der Direkteinspritzer wissen das und müssen entsprechend modifizieren.

Wer einmal - wie ich - eine alte, große BMW ohne Anlasser gefahren hat und schweißgebadet darüber nachgesonnen hat, ob sie nun zu fett oder zu mager stand zum Anspringen, hat den Zusammenhang und den Einfluß des Mischpolytropenexponenten praktisch kennen gelernt. War sie zu fett, dann ging der Kickstarter matschig und ohne Rückfederung, bekam sie zu wenig, dann war das Antreten hart und federnd.

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Die Tabelle von Andi verstehe ich noch nicht ganz. Zwischen Zündtemperatur und Selbstenzündungstemperatur ist kein Unterschied. Wohl werden bei Planung und Bau von Anlagen, die diese Stoffe behandeln, Werte angesetzt, bei denen austretendes Produkt sofort und sicher brennt. Das macht man bei Sicherheitsbetrachtungen, um abzuschätzen, ob es bei Betriebsstörungen zur Explosion freigesetzter Stoffe kommt oder nur zum Brand. Die Werte von Andis Selbstentzündung passen aus meiner Sicht ganz gut. Wir gehen im Raffinieriebereich eigentlich immer von 450°C aus. Das hat sich so eingebürgert. Wenn dann eine Undichtigkeit entsteht, gibts gleich die Flamme.

Viele Größe ins schönste Gebirge der Welt

Werner

(vorgestern noch durchgefahren, seufz)

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