Date: October 23, 2005 at 23:55:35
From: Werner, [pd9fd104d.dip.t-dialin.net]
Subject: Re: Verdichtung
Hallo Dominik,
ich denke, daß man wesentlich höhere Werte erreichen kann, als 1,4.
Es gab mal einen spanischen Moto-Cross Bauer, der hat Viertakter mit Kurbelgehäuse-Aufladung gebaut. Die sind höllenmäßig gegangen, aber eine Serienfertigung blieb aus.
Selbst bei einem dummen Enten-Motor kann man das Flatterventil an der Kurbelraumentlüftung umdrehen und mit der Pumpwirkung eine deutliche Leistungssteigerung erreichen (die allerdings nur so lange gut geht, bis das zu heiß gewordene Öl kommt).
Dieser spanische Viertakter hatte ein Memranventil unmittelbar hinter vor und hinter dem Kurbelraum. Der Vergaser saß hinten und brachte das Gemisch via Ventil in den Kurbelraum. Dann wurde das Gemisch vorne vor dem Zylinder durch das zweite Ventil wieder ausgeblasen und ging in den Ölabscheider/Kühler, der senkrecht vor dem Zylinder stand. Es sah auf den ersten Blick aus, wie ein zweiter Auspuff, aber mit Rippen. Intern waren auch noch einige Einbauten, die das Öl festhielten. Das Öl lief in dem Ding an der Seite runter und über eine kleine Bohrung zurück ins Kurbelhaus, in dem der gemittelte Druck über die Zeit geringer war, als in dem Abscheider.
Vom Abscheider ging es in den Zylinder und dann normal weiter. Meines Wissens wurde auch experimentiert mit Benzin-Direkteinspritzung und zwei Luftklappen, mit denen an dem Vordruckverhältnis gespielt werden konnte.
Der Ölverbrauch dieser Motoren war dennoch ziemlich hoch.
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Das Verdichtungsverhältnis kannst Du Dir aber doch selber ermitteln. Es gibt Kolben die die Räume zwischen Pleuel und Wand ausgefüllt haben. Und zwar als Hohlraum. Dann das schlanke Pleuel und die Toleranzen ein wenig eng gesetzt. Sollen wir das mal im CAD nachbilden? Wirf mal ein paar Maße rüber! Hub, Bohrung, Pleuelbreite. Ich wette 1:2 sind locker möglich. Der Kurzhuber müßte da Vorteile bieten. Jedenfalls halte ich Steigerungen von 50% nicht für utopisch. Der Grund für die niedrige Verdichtung beim Zweitakter - wie gesagt - sind die Verluste durch Drosselvorgänge beim Ein- und Ausströmen.
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brevet n° 82263 du 2 septembre 1868 et, par la suite, l’inventeur du moteur surcomprimé à deux temps.
Unter dieser Bezeichnung findet man den Viertakter von Joseph Ravel, der bereits die sog. doppelte Vorverdichtung hatte. Wieso Diesel da nochmal ein Patent drauf bekommen hat, ist mir unklar. Die Herrschaften waren in dieser Zeit nicht zimperlich mit Ideen, will sagen, kreativer, als der heutige Haufen. Und die Doppelwirksamkeit von Kolben war durch die Dampfmaschine sattsam bekannt.
Ravel hatte mit seiner Erfindung echtes Geld verdient, weil er die ersten Autos mit Einzylindermotoren zu ein wenig Leistung brachte. 15PS waren schon richtig gut. Seine Firma ist später dann baden gegangen, warum weiß ich nicht genau.
Ein Bildchen von dem Motor kann ich Dir beistellen. Viel sieht man allerdings nicht darauf.
Gruß
Werner
P.S.: Und falls jemand fragt: Ja, es ist der Vater von Maurice Ravel, dem großen Komponisten, gewesen.
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