Date: February 04, 2008 at 11:28:03
From: Werner, [p5088513d.dip.t-dialin.net]
Subject: Re: Wie programmiert man einen PD-Regler? (Werner z.B)
Moin,
Ist-Wert-Dämpfung durch Mittelwertbildung ist absolut Standard und würde ich auch empfehlen. Der Rechner rechnet sonst Peaks aus, die man gar nicht mitkriegt und die gleich die gelbe Lampe anmachen - sofern programmiert.
Wenn die Parameter für eine reine Steuerung alle stehen, ist das keine schlechte Lösung. Der "Regler" ist in dem Falle der Jo selber, der seinem Schätzchen allmählich beibiegt, was es wann zu tun hat. Das ist nicht nur von der Geschwindigkeit unschlagbar, sondern auch übersichtlicher - sofern man als Betreiber den Überblick hat.
Die früheren Motorsteuerungen von VW (Volksporsche etc.) waren alle so. Richtig eingestellt, waren sie gut. Verstellt wurden sie zum Übel, weil niemand nachgeregelt hat. Für Otto-Normalangeber also undiskutabel.
Die aktuellen Steuerungen von VW setzen auch die Werte sofort und vergleichen über die Zeit mit dem Signal der Lambda-Sonde. Ein paar Mal rauf und runter, und der Algorithmus ist neu gesetzt. Beschleunigungsanreicherung (beim Benziner) z.B. wäre als Regelung viel zu träge. Da muß schon was kommen, ehe der Auspuff was gemerkt hat.
Alles, was als Parameter nicht erfaßt wird, setzt die Steuerung blind. Wenn ich also meinen Rennpolo abends in den Alpen parke, setzt er den letzten Wert so, daß er morgens auch wieder mit dem magereren Gemisch anspringt. Hätte er eine Höhendruckdose - wie Porsche - dann würde er danach setzen + den unvermeidlichen Korrekturwert. Wenn ich also am nächsten Morgen die Alpen ohne Motor wieder runterrolle, säuft er mir erstmal ab. Mit Höhendose trifft er es besser.
Tanke ich statt Schnaps wieder Superbenzin, dann merkt er das und setzt die Parameter wieder neu. Ich merke das beim Beschleunigen die ersten drei Male und dann wirds wieder normal. Woran die Umstellung liegt, weiß die Steuerung nicht, sie nimmt es einfach hin.
Bei Stetiglast wird der Lambda-Regler ganz normal drübergeschaltet. Das ist dann eine echte Regelung, die aber auf gesetzten Grundwerten basiert. Da die Sonden sowieso nur 1 oder 0 auswerten, muß der Regelungsalgorithmus ziemlich getüftelt sein, damit der Fahrer nicht merkt, daß die Steuerung um den Betriebspunkt pendelt. Bei den älteren Opels war das nicht so gut geglückt. Da hat man es gemerkt.
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Übertragen auf den PRG kann man das genauso machen. Der Speicher ist in dem Fall Jos Hirn, bzw. ein Bierdeckel, wo die Werte drauf stehen. Wenn die Rallye dann man im feuchtheißen Gebiet in der Dschungelhochebene stattfindet oder in frostiger Kälte am Pol, muß halt eine Probefahrt vorher erbringen, daß die Werte neu gesetzt werden. Das ist so kein Hexenwerk und die Übersicht bleibt erhalten.
Wird das alles zu treuen Händen einem PID-Regler übergeben, kommt schon nach spätestens einer halben Stunde die Frage auf: "mit welchem Ausgang regelt der jetzt eigentlich?"
Das kann man sich natürlich alles anzeigen lassen. Die Praxis zeigt aber, daß man dann mehr über das Display gebeugt ist, als sein Rennen zu fahren.
Soweit ich das beurteilen kann, wird der Rallyemotor eh ständig mit Lastwechseln gefahren. Der stationäre Zustand auf dem Prüfstand, wo die Regelung mal so richtig einjustieren kann, ist eher die Ausnahme. Vielleicht mal eine Vollgaspassage - ok. Aber das kriegt man auch ohne Regelung hin.
Der Stellausgang für den Ladedruck ist vermutlich das sensibelste Teil. Trotzdem würde ich es durchaus mal versuchen, diesen Ausgang einfach nur zu steuern. Drehzahl 2000/min, Gasstellung 40%, Stellausgang xxxProzent und paßt. Bei geregeltem Ladedruck kurbelt sich die Turbine theoretisch etwas schneller auf Arbeitspunkt, aber durch den P-Anteil kann man sich das auch wieder versauen. Im Lastbereich hoher Leistungen sind die Massenträgheiten des Turboläufers eh klein gegenüber den herrschenden Gasmächten.
Wenn der Fahrer die Grenzen im Auge behält (Überladung etc.) und eine Knopf fürs Notprogramm hat, dann sollte das beherrschbar bleiben. Bei Porsche ist mal ein Lader mit über 200.000/min geknallt. Da hat man den Punkt nicht beachtet :-)).
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Die ganzen Tuner mit ihren Einspritzungen für schnelle Boote, alte Corvettes und so weiter arbeiten alle so. Der eine Fahrer mag es lieber sanft, der andere will aus dem Stand das Reifengummi aufwickeln. Gassannahme ist viel subjektiver, als gemeinhin angenommen. Ich habe hier bei uns am Rhein schon gesehen, wie der Tuner eines V8-Bootes ein langes Gesicht gemacht hat, weil dem Betreiber die Superhart-Gassannahme nicht gefallen hat. Er hat ihm dann den Übergang magerer gestellt, aber einen ziemlichen Flunsch gezogen.
Bei den Exclusiv-Teilen geht das ja auch. Da kümmert sich fachkundige Hand drum. Bei den normalen Autos muß die Steuerung das selbst hinkriegen.
Wenn Du die Verstellgeschwindigkeit des Gasstellers mit abnimmst, dann laß den Turbo etwas voreilen. Der höhere Staudruck beim Drauftreten wird durch das schnellere Erreichen des Drucks wieder wettgemacht. Überhaupt würde ich den Motor in Teillastbereichen eher etwas zurücknehmen, damit der Luftanteil da nicht zu groß wird.
Gruß
Werner
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