Biodiesel/RME/PME - ALDiesel/Poel/SVO - TDI/PD/CDI/JTD/HDI-Technik

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Date: June 28, 2004 at 00:01:34
From: Hans Fürthbauer, [linzu2-213-225.utaonline.at]
Subject: Re: das ist meine Sicht der Dinge, grundsätzlich und technisch ...

Hallo Heiko,

danke für Deine weiteren Erläuterungen. Sie haben wieder einiges an interessanten Informationen über die Betriebsbedingungen Deines Wagens und Deine Motivation Altpöl zu fahren enthalten. Ich kann Dich schon irgendwie verstehen, auch wenn wir bei diesem Thema stark unterschiedliche technische Sichtweisen haben.

Was Du schreibst, hat "Hand und Fuß" und vielleicht werde ich auch noch mal zu einem Pöler. Man weiß ja nie. Andererseits als überzeugter und langjähriger Dieseltechniker? ...

Zeitlich soll auch aus meiner Sicht keinerlei Druck entstehen. Wir werden auch nur mehr wenige Beiträge brauchen, um die Diskussion erfolgreich abschließen zu können.

Vom Grundsätzlichen wieder zurück zur Technik. Die angesprochenen Themen mal nach einander:

1.) Das "Freifahren" mit hoher Last: das Verkoken der Spritzlöcher ist bei der heutigen Spritzlochgeometrie kein großartiges Thema. Jetzt auf Diesel bezogen. Wenn es doch Verkokung gibt - und die kann man bei Diesel mit einem sehr geringen Zinkanteil "erzeugen" - dann löst sich der Diesel-"Koks" auch bei hohen Einspritzdrücken nicht mehr. Ich habe selber mal im Zuge einer Problembearbeitung solche Versuche mit einem TDI mit VP44-Pumpe (1.850 bar Spitzendruck an der Düse) gemacht. Der Koksrückstand aus Diesel ist relativ hart, haftet fest, läßt sich aber per Ultraschallreinigung entfernen.

Bei Altpöl, Frischpöl oder RME wird der Koksrückstand sicher ganz anders ausschauen. Da habe ich keine Erfahrung damit. Dein Denkansatz mit dem Rausspülen bei Last und hoher Drehzahl und entsprechendem Spitzendruck könnte zutreffen oder zumindest Teil der beobachteten Erscheinung sein. Wenn ich Deine Schilderung der Fahrweise richtig verstanden habe, dann fährst Du sehr häufig im AGR-Bereich. Das würde den von Dir geschilderten Effekt der Drehmomentabnahme bei Teillastbetrieb über der Laufzeit noch verstärken. Der Abgasanteil zusammen mit unvermeidlichem Öldunst aus dem Lader und der Kurbelgehäuseentlüftung führt luft- und abgasseitig zu teilweise erheblichen Verschmutzungen und Ablagerungen bis zu den Einlaßventilen, den Kolbenböden, den Auslaßventilen, dem VTG-Lader und bis zum Kat. Da würde ich den Schwerpunkt des Selbstreinigungseffekts ("Freibrennen") eines Dieselmotors unter hoher Last sehen. Diesen Effekt gibt es allerdings auch ohne AGR, mit AGR wird er wegen der zusätzlichen Verschmutzung verstärkt, wie oben schon gesagt.

2.) Der ANY hat nach meinen Unterlagen noch das UI-P1-System. Es gab aber gewisse Modifikationen, deswegen wurde nach meinen Informationen Audi-VW-intern das überarbeitete System UI-P1-System "2. Generation" genannt. Ich versuche, Details dazu zu bekommen. Für unsere Diskussion ist das aber zunächst egal.

3.) Der Einspritzvorgang ist beim PD-System auf den ersten Blick recht einfach: Es gibt eine Voreinspritzung und eine Haupteinspritzung. Dazwischen eine Spritzpause.

Das HD-Magnetventil hat es da im Gegensatz zum CR-Injektor "leicht": Es schließt und dann laufen Voreinspritzung, Spritzpause und Haupteinspritzung mechanisch/hydraulisch ab. Wenn es wieder öffnet, ist auch der Einspritzvorgang beendet. Was in der Zeit zwischen schließen und öffnen passiert, ist dem HD-Magnetventil - etwas vereinfacht - egal.

Kurze Beschreibung: Der Kolben des PD-Elements geht im Druckhub vom oberen Totpunkt in Richtung unterer Totpunkt. Zunächst verdrängt er aus dem Elementzylinder den vorher eingeströmten Kraftstoff. Abhängig von den Betriebsbedingungen bestromt das Steuergerät das HD-Magnetventil. Das schließt und sperrt den Abfluß des Kraftstoffs aus dem PD-Element in den Rücklauf. Es baut sich im PD-Elelement Druck auf. Bei ca. 180 bar öffnet die Düsennadel und macht die Voreinspritzung. Die Düsennadel fährt dabei gegen einen recht gefinkelten hydraulischen Anschlag, der Nadelhub liegt bei ca. 0,05 mm. Durch die Kolbenbewegung steigt der Druck im PD-Element aber weiter an. Es öffnet jetzt das Speicherventil unten am Pumpenzylinder. Dadurch wird einerseits ein zusätzliches Volumen bereitgestellt und dadurch ein Druckabfall ausgelöst. Andererseits spannt der öffnende Kolben des Speicherventils die Düsenfeder zusätzlich vor. Beide Effekte bewirken, daß die Düsennadel blitzartig wieder schließt. Die Voreinspritzung ist beendet. Der Druck im PD-Element steigt aber durch die ziemlich brutale Nockengeometrie und die daraus resultierende Kolbengeschwindigkeit sofort wieder an. Bei ca. 300 bar öffnet die Düsennadel für die Haupteinspritzung. Der oben genannte, hydraulische Anschlag für die Düsennadel bei der Voreinspritzung wird "überrumpelt". Die Düsennadel macht den vollen Hub bis zum mechanischen Anschlag. Die kleinen Spritzlöcher bringen den Kraftstoff aber nicht schnell genug weg, der Druck steigt schlagartig weiter an, Spitzendrücke über 2.000 bar bei Vollast und hoher Drehzahl sind daher Standard. Soll die Einspritzung beendet werden, dann schaltet das EDC-Steuergerät den Strom vom HD-Magnetventil wieder weg. Es öffnet, der Druck baut sich in den Rücklauf und den Vorlauf im Zylinderkopf ab und die Düse schließt.

Bei UI-P2 hat man den Spitzendruck weiter erhöht, die Voreinspritzung verfeinert und präziser gemacht, das PD-Element samt Magnetventil so verkleinert, daß es bei einem 4-Ventiler zwischen den Ventilen in senkrechter Lage eingebaut werden kann. Die Details muß ich erst noch genauer zusammentragen.

Jedenfalls zwischen Bosch-PD- und Bosch-CR-Systemen liegen schon einige ganz gravierende Unterschiede. Das war ja auch der Ausgangspunkt unserer Diskussion. Die CR-Systeme der anderen Hersteller betrachte ich jetzt mal nicht. Beispielhaft einige "Vereinfachungen" des PD-Systems gegenüber dem CR-System: Das PD-System erzeugt den Druck direkt vor der Düse. Keine zentrale Hochdruckpumpe CP1 oder CP3 in vielfältigen Ausprägungen mit oder ohne Vorförderpumpe, bzw. mit oder ohne zulaufseitiger Mengenregelung, keine HD-Leitungen, kein Rail, keine Druckregelung, kein Druckbegrenzer, kein Durchflußbegrenzer, keine Mehrfach-Einspritzung, einfacher Magentventilaufbau, keine viskositätsempfindliche Zufluß- und Abflußdrossel, kein ballistischer Betrieb der Magnetventilnadel, sondern Anschlag gegen Anschlag, elektr. Betrieb des Magnetventils mit Bordnetzspannung (keine Spannungshochsetzung), geringer Einfluß des Rücklaufs, usw.

Man kann jetzt diese, oder weitere Unterschiede, die ich nicht aufgezählt habe, als Vorteile für einen Pöl-Betrieb auslegen. Das ist je nach Blickwinkel Interpretationssache. Wenn ich mir Deine Betriebs- und Randbedingungen anschaue, stehen aus meiner Sicht subjektiv die Chancen gut, daß es eine gewisse, aber mit meinem Wissensstand leider nicht zu definierende, weitere km-Laufleistung geben wird. Eines ist klar: Pöl-Betrieb führt wegen der höheren Viskosität zu höheren Spitzendrücken. Die belasten die PD-Elemente und den gesamten Antrieb. Deine Fahrweise kann das zu einem gewissen Teil sicher ausgleichen. Denn mit geringerer Last und niedrigerer Drehzahl sind auch die Drücke nicht so hoch, bzw. liegen nicht so lang an. Damit wäre aus meiner Sicht die größere Unsicherheit im Altpöl, seiner Zusammensetzung, seiner Filterung, seinem Wasseranteil, usw., zu suchen. Diese Umfänge kann ich nicht beurteilen. Das ist Dein Umfang. Den hast Du im Griff, habe ich verstanden.

Wegen der höheren Antriebsbelastung der Zylinderkopfteile mit Pöl verwendest Du natürlich ein entsprechendes Motoröl?

Nochmal zurück zur PD-Technik: Das oben beschriebene PD-System muß schnell gravierend weiterentwickelt werden, wenn es die Anforderungen erfüllen soll, die CR-Systeme heute schon viel besser können. Vielleicht ist die Zusammenarbeit zwischen VW und Siemens für eine gemeinsame Produktion so ein Schritt?

4.) Du hast Rücklauftemperaturen von 140° C genannt. Das waren Werte, die man in der Entwicklung und im Versuch bei CR gemessen hat. Solche Werte sind für die Einspritzausrüstung, die Kunststoffteile in der Anlage, wie Tank, Tankgeber, Leitungen, Filter usw. aber auch für den Kraftstoff nicht akzeptabel. 100° C können da bereits kritisch sein. Daher haben die HD-Einspritzsysteme wie VP44, PD oder CR eine Kraftstoffkühlung. Erst bei den Bosch CR-Anlagen der 2. Generation, mit zulaufseitiger Mengenregelung, konnte man auf die Kraftstoffkühlung im Rücklauf verzichten.

Dabei belasse ich es mal für heute, freue mich schon auf Deine oder die Antworten von den Kollegen und wünsche Euch eine schöne Woche!

MfG Hans F.




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