Date: July 11, 2004 at 22:04:17
From: 2L-Heiko, [dsbg-d9bbdf4c.pool.mediaways.net]
Subject: Es geht weiter...BePÖLbarkeit von CR
Hallo Hans,
ich setze unsere Diskussion an dieser Stelle des Baums fort, weil es nun wieder um CR und nicht um meinen Audi geht. Bei der Betrachtung der PÖLfähigkeit einzelner CR-Komponenten beschränke ich mich auf m.E. relevante Bereiche, statt eine mehr oder weniger langweilige Liste von unterschiedlichen CR-Generation ohne Bezug auf PÖLfähigkeit niederzuschreiben, die für Dich sowieso nicht neu sein wird. Die Reihenfolge folgt dem Kraftstoff-Fluss (Tank -> VoFöPu -> HD-Pumpe -> Rail -> Injektoren -> Rücklauf).
1.) VoFöPu
Es gibt unterschiedlichste Ausführungen (elektrisch/mechanisch/Intank/gekoppelt an die HD-Pumpe). Im Hinblick auf die Bepölbarkeit muss bereits hier sichergestellt werden, dass die VoFöPu mit dem Kraftstoff in ausreichender Menge und ausreichendem Druck arbeitet. Entgegen meinen ersten Postings zu diesem Thema, in denen ich einen Mindestdruck von 6 bar genannt hatte, habe ich bei der Recherche nur einen Öffnungsdruck des Sicherheitsventils zur Befüllung der HD-Pumpe von 0,5 ... 1,5 bar gefunden. Laut Aussagen einiger PÖLer gibt es entsprechende Pumpen bzw. können vorhandene Pumpen u.U. entsprechend modifiziert werden, dass sie die Vorgaben mit PÖL erfüllen.
2.) HD-Pumpe
Am weitesten verbreitet sollen Drei-Kolbenpumpen mit zentralem Exzenter (mit/ohne Elementabschaltung) sein. Von Delphi gibt es wohl auch eine HD-Pumpe in Zweischeiben-Radialkolbenausführung. M.E. ist der Aufbau der HD-Pumpe für die Bepölbarkeit zweitrangig, da bereits für die VoFöPu das PÖL auf Arbeitstemperatur (70-80°C)erhitzt sein sollte. Die Erfahrung mit mechanischen Einspritzsystemen zeigt, dass die Schmiereigenschaften und Viskosität von PÖL bei Arbeitstemperatur mechanisch ausreichen. Auf die Bedeutung des verbleibenden Viskositätsunterschieds bei PÖL in Bezug auf Verhalten an Ventilen und Drosseln gehe ich getrennt ein.
3.) Druckregelventil / Rail
Das DRV dürfte m.E. im bepölten CR-System eines der am stärksten beanspruchten Teile darstellen. Einerseits hat es an zentraler Stelle ständig mit der Viskosität von PÖL zu ´kämpfen´, andererseits dürfte die thermische Belastung hier besonders hoch sein. Darüber hinaus wird hier durch verunreinigtes PÖL wohl an erster Stelle ein Schaden hervorgerufen. Wer weiß, welche PÖLbestandteile hier in zerstörerischer Weise "cracken" und das Ventil außer Funktion setzen?!
4.) Verhalten von PÖL an Ventilen/Drosseln
Auf Grund der weit außerhalb der Dieselspezifikation verlaufenden kinematischen Viskosität von PÖL hier ein kleiner Exkurs (mir ist nämlich nicht klar geworden, ob das CR-System an dieser Stelle (Rail) steuerungstechnisch bei "0" anfängt oder ob der weitere Einspritzverlauf Einfluss auf den vorhergehenden Betrieb bis zum Rail hat - aber der Reihe nach):
- die veränderte Viskosität von PÖL wird an jedem Ventil/Drossel eine gewisse Trägheit gegenüber Diesel hervorrufen
- sofern diese Trägheit bis zum Rail eine Rolle spielt - dort durch den dauerhaft anliegenden Druck zeitlich ausgeglichen wird - und erst anschließend in den Injektoren wieder Einfluss nimmt, mag sich diese Trägheit weniger auswirken, als wenn
- durch z.B. Einfluss des Rücklaufs auf das Förderverhalten bis zum Rail die Trägheit über den gesamten Prozess summiert wird
- hat also der Rücklauf Einfluss auf die Elementabschaltung (sofern vorhanden)? Das Druckregelventil wird m.W. ausschließlich über den Raildrucksensor gesteuert.
5.) Injektor
Inwiefern sich die Trägheit von PÖL auf den Einspritzvorgang auswirkt, kann ich nicht beurteilen. Zur Zeit maximal 7 Teileinspritzungen pro "Zündung" klingt nach äußerst präzisem Timing, das durch die Verwendung von PÖL empfindlich gestört werden könnte. Vielleicht helfen zukünftige Entwicklungen ungewollt (siehe weiter unten)???
6.) Rücklauf
Auf meine Fragen zum Rücklauf als Einfluss auf den Vorlauf bin ich bereits eingegagen. Bleibt zu erwähnen, dass u.U. im RL verbaute Saugstrahlpumpen mit PÖL nicht funktionieren und adäquat ersetzt werden müssen.
7.) zukünftige Entwicklungen
Modernste CR-Systeme verfügen wohl schon über ein hydraulisches Ausgleichselement in den Inline-Injektoren. Klopfsensoren sind wohl zukünftig zur Überwachung des Verbrennungsablauf vorgesehen. Dies mag Segen oder Fluch für die Bepölbarkeit zukünftiger CR-Diesel sein?! Das hydraulische Ausgleichselement wird hoffentlich einer geringfügigen Druckerhöhung durch PÖL im Injektor entgegen wirken. Der Klopfsensor wird hoffentlich den mit PÖL veränderten Verbrennungsablauf erkennen und ausgleichen...im schlimmsten Fall sorgt er aber auch für Notabschaltung...
Selbst unter ´Laborbedingungen´ sind nun einige Fragen zur Bepölbarkeit von CR-Systemen aufgetaucht. Die Praxis zeigt zwar, dass es funktionieren kann, bietet aber noch viele weitere Fußangeln. Wenn ich mir vor Augen halte, wie schwierig die Fehlersuche selbst mit konventionellen PÖL-Vor-/Wirbelkammerdieseln ist, mag ich mir die Fehlersuche bei einem CR-Diesel, der´s nicht richtig tut, gar nicht erst vorstellen...Von meiner kühnen Behauptung, dass CR es schon irgendwie mit PÖL tuen wird, muss ich einige kräftige Scheiben abschneiden...
Da steckt noch Arbeit drin, der wir nicht aus dem Weg gehen sollten ;-)
Viele Grüße aus dem Westpott vom 2L-Heiko
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