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Date: April 19, 2004 at 18:58:11
From: Ralf Hofmann, [pd95372f5.dip.t-dialin.net]
Subject: Re: Der Elsbett-Motor

Hallo Hans,

danke für die Zusammenfassung zum Elsbettmotor. Einige Ergänzungen und Fragen hab' ich da noch an Dich.

Zuerst eine Anmerkung:

Die heute noch aktuell gebauten Motoren von Deutz, die ausschliesslich mit Öl gekühlt werden sind die 1011er und 2011er Baureihen. Hier einige Links dazu:
http://www.deutz.de/motoren/typen/da1011m.htm
http://www.deutz.de/motoren/typen/d2011.htm

Merkmal der Ölkühlung ist dabei, dass die Zylinder und -köpfe (im Gegensatz zu den luftgekühlten Motoren) kein Gebläse und keine Kühlrippen haben (die Ölwanne auch nicht), sondern dass die Wärme am Ort der Entstehung komplett vom Motoröl aufgenommen und zum Ölkühler transportiert wird.

Wir hatten in der Vergangenheit mal die Ehre, bei einem von Otmar organisierten Treffen der Motorenwerke in Köln-Deutz die Produktionslinien zu besichtigen, ich glaube die 1011er Baureihe war auch dabei.

Interessant zu wissen wäre in dem Zusammenhang, wie die Ölkühlung genau gelöst wurde. Ist bei diesem Motorentyp evtl. sogar analog zum Elsbett'schen Duotherm-Verfahren ein konstruktives Merkmal vorhanden, das eine zu starke Wärmeabgabe an den Zylinderkopf und den Kolben unterbindet?


Was die Analyse der Schwierigkeiten in der Serienproduktion angeht, da hast Du sicher Recht. Trotzdem halte ich es für ein eklatantes Versäumnis der Industrie und vor allem der Politik, dieses Konzept damals nicht übernommen zu haben und zur Grossserienreife zu bringen, denn heute könnten wir genau diese Motoren gut gebrauchen. Sie wären die dringend erforderliche Brücke zu Hybridantrieben mit umweltfreundlicheren Energiequellen, die wir erst in einigen Jahrzehnten bekommen können.
Da hat es ganz klar einigen Herren in Grau an visionärem Geist und dem entsprechenden Willen gefehlt. Beim Wankelmotor, den man von vornherein als weniger visionär und nützlich einstufen kann hatte die Industrie den erforderlichen Mumm zur Massenfertigung. Und das, obwohl noch grössere vorhersehbare Produktionsschwierigkeiten wie beim Elsbettmotor zu erwarten waren.

Die primitive Einspritztechnik war sicher aus der Sicht der Abgasgesetzgebung gesehen ein knock-out Faktor, aber nach Aussage Elsbetts hat sich Bosch von ihm als Zulieferer zurückgezogen, u.a. wegen Pflanzenöl als Treibstoff. Auch hier kann man nur mutmassen, aber damals schien Bosch einfach kein faires Spiel zu spielen.
Etwaige Gewährleistungsgründe (wegen Pflanzenöl) können es nicht gewesen sein, sowas können Industriepartner frei vereinbaren wie's ihnen passt.

Was die evtl. schwierige Vermarktung eines 3-Zylinders betrifft, dieses Problem halte ich für nicht wirklich relevant. Erstens gab's den Motor auch als V6 (zwar nur 2 Prototypen, aber immerhin), zweitens wäre das angesichts der Verbrauchswerte und einer (durchaus sinnvollen) Intervention in steuerlicher Hinsicht schnell kompensiert worden. Damit ist auch die Argumentation der fehlenden Salatöltankstellen vom Tisch. Da sich der Motor problemlos mit Diesel betreiben lässt, hat er von Haus aus eine eingebaute "Übergangsfrist", in der ein entsprechendes Tankstellennetz hätte aufgebaut werden können. Danach muss dann nur noch mit dem staatlichen Instrument der "Steuern" lenkend (steuernd :-)) eingegriffen werden und schon würde sich Pflanzenöl dem Diesel gegenüber langsam aber sicher flächendeckend durchsetzen. Das alles ohne aprupten Übergangsschock oder ähnliches. Genau so hat's mit dem bleifreien Sprit ja auch geklappt. Alles schonmal da gewesen, alles kein Problem.

Man (dazu zähle ich die, die Verantwortung für die Lenkung unserer Volkswirtschaft und unserer gesellschaftlichen Entwicklung haben) muss eben nur wollen. Und genau daran hat's gefehlt.
Bei der Eisenbahn WILL man politisch. Da werden problemlos Milliarden um Milliarden in einem jetzt schon toten Verkehrsprinzip ohne Zukunft versenkt.
Beim Elsbettmotor wollte man nicht. Vielleicht lag's daran, dass Elsbett wohl vergessen hat, dass man in der Politik zuerst gut schmieren muss, bevor man fahren kann . . .

Du hast Recht, heute wären die Randbedingungen für diesen Motor günstiger. 3-Zylinder verkaufen sich heute problemlos, der Biodiesel hat auch als "exotischer" Treibstoff seinen Markt (komisch, da hat man die "Steuern" zum Steuern benutzt . . . ) und auch ein direkteinspritzender PKW-Diesel ist nicht mehr "undenkbar" (Wer hatte das nochmal gesagt? War das nicht ein Chefentwickler von VW?).

Da bleibt in dem Zusammenhang eine Frage offen: Was ist mit dem eigentlichen Herz des Elsbettmotors? Der duothermischen Verbrennung?
Durch dieses revolutionäre Verfahren ist es Ludwig Elsbett erst möglich geworden, auf eine Wasser- oder Luftkühlung zu verzichten.
Durch dieses geniale Prinzip hat er damals schon über 40% Wirkungsgrad aus dem Motor geholt.
Dieses Prinzip ist dafür verantwortlich, dass der Motor sensationell wenig Sprit verbraucht.
Zu guter Letzt ist es durch die relativ geringere thermische Belastung der Kolbenringe dafür mit verantwortlich, dass der Elsbettmotor als Direkteinspritzer nicht wirklich Probleme mit verklebten Kolbenringen und Folgeschäden dadurch hat.

Weisst Du etwas näheres über das Duotherm-Verfahren? Evtl. auch, warum es heute nirgendwo Verwendung findet? Was für Nachteile hat es?
Alles Fragen, die ich mir noch nicht beantworten konnte . . .

MfG
Ralf Hofmann

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