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Date: December 19, 2004 at 12:41:22
From: Werner, [pd9fd1efe.dip.t-dialin.net]
Subject: Schiffe sowieso

Hi baffe,

Der Standarddruck zum Anblasen ist 35 bar. Die Anlaßluftflaschen werden samt Kompressor von der Schiffsklassifikationsgesellschaft abgenommen. Es müssen bestimmte Zeiten für die Auffüllung einer leeren Anlaßluftflasche eingehalten werden. Der Druck liegt also schon im Bereich des mittleren Arbeitsdruckes und garantiert das volle Drehmoment beim Start. Wenn an der Maschine noch Aggregate hängen, wie z.B. schwere Generatoren oder voluminöse Schiffschrauben, so stellen diese kein Hindernis dar.

Ehe man zuverlässig funktionierende Automatikgetriebe für Lokomotiven hatte, hat man mit Systemen experimentiert, die die Lok unter Last mit Druckluft anfahren lassen sollte. Ein Handikap der Dieselzüge damals, welches den Dampfrössern noch eine Schonfrist gegeben hat.

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Die wichtigste Vorbedingung aber zum Starten mit Druckluft ist eine ausreichende Zylinderanzahl, und daran scheitert das ganze bei den meisten Autos unweigerlich. Ab 4 Arbeitstakte pro KW-Umdrehung kann man dieses Vorhaben angehen. Ein wenig mehr Schwungmasse, als bei PKWs üblich, schadet dabei übrigens nicht. Dabei wird durchaus jeder Zylinder benutzt, der in der richtigen Stellung steht. Eine eigene Steuerung sorgt für den richtigen Takt der Ventile. Das geht heutzutage über Stardard E-Magnetventile. Früher mag es Steuerwellen für sowas gegeben haben, da bin ich überfragt.

Ein ernormer Vorteil der Druckluftstarterei ist die Unverwüstbarkeit. Wenn z.B. auf dem Emskanal Flußschiffe wenden müssen, so erfordert das ein Vor- und Zurücksetzen fast schon im Sekundentakt. Am Hafen der Raffinerie Lingen kann man das bestaunen. Es geht dort sehr scharf um die Ecke in die Einfahrt. Die Schiffsmotoren werden gestoppt, umgesteuert, rückwärts angeblasen, laufen sofort mit rel. großer Wolke hoch, verstummen schon nach 15 bis 20 Sekunden, während das Schiff träge zurückgleitet. Dann wird wieder umgesteuert, wieder angeblasen (pfft, pffft, pffft, pffft, brabrabrabra), und es geht wieder vorwärts. Da macht der gesamte Anstriebsstrang gleich alles mit. Das kann leicht mal so 10 mal hintereinander passieren. Ich möchte nicht wissen, was ein E-Anlasser davon halten würde.

Aus der Ferne kann man dann die typischen Rauchzeichen sehen. "Da hat wieder einer gewendet!"

Verstellpropeller sind für solche Zwecke nicht das Seligmachende allein. Erstens haben sie keine guten Wirkungsgrade bei solchen Aktionen, schon gar nicht rückwärts, und zweitens sind sie teuer und empfindlich. Schiffspropeller müssen generell häufiger gewechselt werden, weil Bodenberührungen und Abrasion durch Flußsände ihnen im rauhen Betrieb ganz schön zusetzen.

So wird man auch künftig die Druckluftanblasung verwenden. Beim Viertakter ist das ab 8 Zylindern möglich (besser 10 oder 12) Beim Zweitakter sollten es mindestens 4 Zylinder sein.

Viele Grüße

Werner

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